Leitsatz
Zu den Voraussetzungen einer Kontrollbetreuung bei Vorliegen einer wirksamen General- und Altersvorsorgevollmacht.
BGH, Beschluss vom 1. August 2012 – XII ZB 438/11
Sachverhalt
Die Betroffene wendet sich gegen die Anordnung einer Kontrollbetreuung.
Die Betroffene erteilte mit notarieller Urkunde vom 10. Februar 2003 ihrem Ehemann, ihrem Sohn und ihrer Tochter, der Beteiligten zu 1, eine umfassende General- und Altersvorsorgevollmacht, die auch die Berechtigung zur Erteilung von Untervollmachten enthielt. Der Ehemann der Betroffenen verstarb im September 2009. Da es im Rahmen der Nachlassabwicklung zu Unstimmigkeiten zwischen der Beteiligten zu 1 und ihrem Bruder kam, erteilte dieser einer Rechtsanwältin (nachfolgend: Unterbevollmächtigte) im Namen der Betroffenen eine Untervollmacht, um mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Beteiligte zu 1 geltend zu machen bzw. Schaden abzuwenden.
Der Sohn der Betroffenen verstarb im Januar 2011. Im Februar 2011 beantragte die Unterbevollmächtigte unter Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht im Namen der Betroffenen die Bestellung eines Betreuers, hilfsweise eines Kontrollbetreuers für Rechts- und Vermögensangelegenheiten, weil die Beteiligte zu 1 nicht willens oder in der Lage sei, die finanziellen Angelegenheiten der Betroffenen sorgfältig zu regeln.
Ohne der Betroffenen oder der Beteiligten zu 1 die Möglichkeit zu geben, zu den von der Unterbevollmächtigten behaupteten Beanstandungen Stellung zu nehmen, hat das Notariat II Marbach am Neckar – Betreuungsgericht – die Beteiligte zu 2 zur Kontrollbetreuerin bestellt. Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.
Aus den Gründen
Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das Landgericht hat, im Wesentlichen gestützt auf das Vorbringen der Unterbevollmächtigten, die Erforderlichkeit einer Kontrollbetreuung nach § 1896 Abs. 3 BGB damit begründet, dass die Beteiligte zu 1 zur Geschäftsführung ungeeignet sei. Schon der Umstand, dass die Beteiligte zu 1 in einem für die Betroffene abgeschlossenen notariellen Grundstückskaufvertrag nicht die Kontonummer der Betroffenen, sondern ihre eigene angegeben habe, zeige, dass die Beteiligte zu 1 mit der Vertretung der Betroffenen überfordert sei. Dieser Vorgang belege, dass die Beteiligte zu 1 das Vermögen der Betroffenen nicht klar von ihrem eigenen Vermögen zu trennen vermöge. Außerdem habe die Beteiligte zu 1 keine Erklärung dafür gegeben, warum es nachfolgend nicht zur Eröffnung eines Gemeinschaftskontos der Generalbevollmächtigten gekommen sei, auf das der restliche Kaufpreis für das Grundstück hätte überwiesen werden können, obwohl dies zwischen ihr und ihrem Bruder vereinbart worden sei. Außerdem bestehe ein erheblicher Interessenkonflikt. Die Beteiligte zu 1 habe von der ersten Kaufpreisrate des Grundstücksgeschäfts einen Betrag von 100.000 EUR als Pflichtteil am Nachlass ihres verstorbenen Vaters einbehalten und sich aus dem Vermögen der Betroffenen ein Darlehen in Höhe von 20.000 EUR zu einem Zinssatz von monatlich 20,00 EUR gewährt. Außerdem verlange sie aus dem Vermögen der Betroffenen einen Geldbetrag von 120.000 EUR als vorweggenommenes Erbe mit der Begründung, dass sie und ihr Bruder als Generalbevollmächtigte der Mutter sich jeweils einen Betrag in dieser Höhe zugewandt hätten.
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
a) Nach § 1896 Abs. 3 BGB kann ein Betreuer zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt werden. Mit dieser sogenannten Kontrollbetreuung kann im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden, wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen und ggf. die Vollmacht zu widerrufen (vgl. Senatsbeschluss vom 13. April 2011 – XII ZB 584/10 – FamRZ 2011, 964 Rn 26).
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, darf eine Kontrollbetreuung jedoch – wie jede andere Betreuung (vgl. § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB) – nur dann eingerichtet werden, wenn sie erforderlich ist. Da der Vollmachtgeber die Vorsorgevollmacht gerade für den Fall erteilt hat, dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, um eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden, kann das Bedürfnis nach einer Kontrollbetreuung nicht allein damit begründet werden, dass der Vollmachtgeber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen. Denn der Wille des Vollmachtgebers ist auch bei der Frage der Errichtung einer Kontrollbetreuung zu beachten (vgl. § 1896 Abs. 1 a BGB). Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich machen. Notwendig ist der konkrete, d. h. durch hi...