Ausgangspunkt der nachfolgenden Abhandlung ist folgender Standardfall eines klassischen Behindertentestaments:
Die Eheleute M und F haben einen Sohn S und eine Tochter T, die aufgrund einer schweren Behinderung dauerhaft Eingliederungshilfe gem. §§ 53 – 60 SGB XII erhält. Gemeinschaftliche Betreuer von T sind M und F für alle Aufgabenkreise. In ihrem gemeinschaftlichen Testament hat der erststerbende Ehegatte den überlebenden Ehegatten zu 6/7 als Vollerben eingesetzt und die behinderte Tochter T zu 1/7 als nicht befreite Vorerbin.
Der länger lebende Ehegatte hat den Sohn S zu 5/7 als Vollerben und die Tochter T zu 2/7 als nicht befreite Vorerbin eingesetzt. Nacherben soll in beiden Fällen jeweils Sohn S, ersatzweise dessen Abkömmlinge sein.
Für den ersten Erbfall wurde der länger lebende Ehegatte zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Für den zweiten Erbfall und ersatzweise für den ersten Erbfall wird Sohn S zum Testamentsvollstrecker bestimmt.
Das Testament enthält des Weiteren den Vorschlag an das Betreuungsgericht, nach dem Tod beider Eltern den Sohn S zum Betreuer von Tochter T zu bestellen.
Der Ehemann M stirbt am 2.1.2012. Das Eröffnungsprotokoll und eine Abschrift des Testaments werden der F, dem S und der T am 15.2.2012 zugesendet. Das Nachlassgericht informiert zugleich das Betreuungsgericht über den Erbfall. Das Betreuungsgericht bestellt am 23.2.2012 eine Ergänzungsbetreuerin für T für den Aufgabenbereich "Vertretung des Betroffenen in der Nachlassangelegenheit auf Ableben des M einschließlich Entscheidung über die Ausschlagung der Erbschaft" und begründet dies mit einer Interessenkollision gemäß § 1796 Abs. 2 iVm § 1908 i Abs. 1 BGB. Zwischenzeitlich hat bereits F am 20.2.2012 schriftlich dem Nachlassgericht mitgeteilt, dass sie die Erbschaft für sich und T angenommen hat und einen Erbschein beantragt. Ebenfalls am 20.2.2012 hat F die Annahme des Testamentsvollstreckeramts gegenüber dem Nachlassgericht erklärt und ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragt.
Der erste betreuungsrechtliche Konfliktpunkt im Rahmen eines Behindertentestaments ist die Frage, wer über die Annahme bzw. Ausschlagung der Erbschaft zu entscheiden hat. Hierbei spielt auch die Frage eine Rolle, ob derjenige Betreuer, der zugleich Miterbe und/oder Testamentsvollstrecker ist, wegen Interessenkollision ausgeschlossen ist.