Bei der Entscheidung über die Ausschlagung kommt es einzig und allein auf das Wohl des Betreuten an. Sowohl Betreuer als auch Betreuungsgericht haben ausschließlich auf das Wohl des Betreuten abzustellen und nicht auf öffentliche oder sonstige Interessen. Der Betreuer darf also die Erbschaft nicht mit der Begründung ausschlagen, dass anderenfalls ein Zugriff des Sozialhilfeträgers auf den Nachlass ausgeschlossen sei. Gerade der Zugriff des Sozialhilfeträgers auf den Nachlass ist für den sozialhilfebedürftigen Erben nachteilig, sodass im Ergebnis eine entsprechende Ausschlagung des belasteten Erbteils durch den Betreuer für den behinderten Erben zu unterbleiben hat. Anderenfalls kann sich der Betreuer gemäß §§ 1833, 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem betreuten Erben schadensersatzpflichtig machen.
Diese Auffassung wurde auch durch das OLG Köln bestätigt. Hiernach liegt es nicht im Interesse einer durch ein Behindertentestament als nicht befreite Vorerbin eingesetzten Betreuten, wenn der Ergänzungsbetreuer die Erbausschlagung und Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs für die Betreute betreibt, um die Kosten der Heimunterbringung aus eigenen Mitteln der Betreuten zu bestreiten. Vielmehr entspricht es im Rahmen eines Behindertentestaments den Interessen der Betreuten, wenn der Stamm des ihr als nicht befreite Vorerbin zustehenden Vermögens erhalten bleibt und aus diesem Vermögen die im Behindertentestament im Einzelnen genannten Zuwendungen bestritten werden. Maßgebend für die Frage der Ausschlagung sind hiernach ausschließlich die Interessen der Betreuten.
Beachtet werden muss im Falle einer Ausschlagung natürlich auch, dass diese nach § 2306 Abs. 1 BGB zum Entstehen von Pflichtteilsansprüchen führen kann, deren eingeschränkte Pfändbarkeit nach § 852 ZPO einer Überleitung auf den Träger von Sozialleistungen gem. § 33 SGB II bzw. § 93 Abs. 1 Satz 4 SGB XII nicht entgegensteht.
Zweiter Teil: Probleme während der Dauertestamentsvollstreckung
I. Ausganglage
Nach Annahme der Vorerbschaft geht es in der Folgezeit um die Nachlassverwaltung und vor allem um die Erbauseinandersetzung. In der Regel sehen die klassischen Behindertentestamente vor, dass der behinderte Vorerbe auf seinen Erbteil einen Geldbetrag ausgezahlt erhält, der dann vom Dauertestamentsvollstrecker gemäß den Anordnungen des Erblassers verwaltet wird.
II. Einzelfälle
Aufgrund der Testamentsvollstreckung steht gemäß § 2205 BGB ausschließlich dem Testamentsvollstrecker das Verfügungsrecht über den Nachlassanteil des Betreuten zu. Der Betreuer des behinderten Vorerben ist insoweit von sämtlichen Verfügungsmöglichkeiten ausgeschlossen, sodass sich bereits deswegen ein Interessenkonflikt nicht ergeben kann. Die bloße Tatsache, dass der Betreuer zugleich Testamentsvollstrecker und evtl. sogar noch Miterbe ist, führt per se zu keiner Interessenkollision bei der Verwaltung des Nachlasses. Die zeigt sich bereits daran, dass nach ganz hM auch ein Miterbe Testamentsvollstrecker sein kann. Wenn aber ein Miterbe zugleich Testamentsvollstrecker sein kann und er dann noch zufällig zugleich Betreuer für einen Miterben ist, erwächst dem Testamentsvollstrecker daraus ja keinerlei Vorteil, den er nicht ohnehin schon durch sein Amt als Testamentsvollstrecker hätte.
III. Kontrolle des Testamentsvollstreckers
Aufgrund der vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung verbleibt somit dem Betreuer als einzige Aufgabe im Rahmen des Erbfalls nur noch die Ausübung der Rechte des Betreuten gegenüber dem Testamentsvollstrecker, insbesondere gemäß §§ 2215 – 2217 BGB.
In diesem Bereich sind am ehesten erhebliche Interessengegensätze gemäß § 1796 BGB denkbar. Jedoch bleibt vor allem in diesem Bereich zu bedenken, dass die bloße denklogische Möglichkeit einer Interessenkollision ohne konkrete Anhaltspunkte im Einzelfall nach der Rechtsprechung des BGH gerade nicht ausreicht, um eine Ergänzungsbetreuung anzuordnen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine pauschale Unterstellung eines Interessenkonflikts nicht. Vielmehr ist im Einzelfall anhand konkreter Anhaltspunkte durch den Tatrichter zu ermitteln, ob tatsächlich im konkreten Einzelfall eine solch schwerwiegende Interessenkollision besteht, die zu einer konkreten Konfliktsituation führt. Auf BGH NJW-RR 2008, 963 ff sei ausdrücklich verwiesen.
Vor allem wenn der Betreuer sein Amt seit Jahren ohne irgendwelche Beanstandungen stets im wohlverstandenen Interesse des Betreuten geführt hat und keine Anhaltspunkte vorliegen, die zukünftig ein anderes Verhalten des Betreuers erwarten lassen, ist die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers auf Vorrat unzulässig.
Praxistipp: Bei Personenidentität von Betreuer und Testamentsvollstrecker besteht immer die Gefahr, dass das Betreuungsgericht für den Aufgabenkreis der Kontrolle des Testamentsvollstreckers einen Ergänzungsbetreuer einsetzt. Der gemäß § 1899 Abs. 4, 1796 Abs. 1 BGB zu bestellende Ergänzungsbetreuer k...