Der Erbe rückt als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers auch in dessen steuerliche Pflichten ein. Er ist verpflichtet, Einkommensteuererklärungen abzugeben für den letzten Veranlagungszeitraum, in dem der Erblasser noch lebte (also für den laufenden Veranlagungszeitraum im Zeitpunkt des Erbfalls) und für vergangene Veranlagungszeiträume, für die der Erblasser noch keine Erklärung abgegeben hatte.
(1) Erklärungen für den laufenden Veranlagungszeitraum
Der Erbe muss gem. § 149 AO iVm § 45 AO als Rechtsnachfolger des Erblassers für den laufenden Veranlagungszeitraum, in den der Erbfall fällt, die Steuererklärungen des Erblassers abgeben.
Der pflichtveranlagte Erblasser verstirbt am 15.9.2012. Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 hat der Erblasser am 3.4.2012 abgegeben.
Die Erben müssen für den laufenden Veranlagungszeitraum 2012 (bis zum Stichtag des Todes am 15.9.2012) bis zum 31.5.2013 die Einkommensteuererklärung des Erblassers abgeben.
In der Einkommensteuererklärung sind auch die dem Erben bekannten bzw. bekannt gewordenen ausländischen Einkünfte anzugeben. Andernfalls macht sich der Erbe einer Steuerhinterziehung gem. § 370 AO strafbar bzw. begeht eine Steuerordnungswidrigkeit in Form einer leichtfertigen Steuerverkürzung gem. § 378 AO.
Wird eine Einkommensteuererklärung für den laufenden Veranlagungszeitraum erstellt, sollte zusätzlich geprüft werden, ob eine Berichtigungspflicht für weiter zurückliegende Veranlagungszeiträume besteht, da das Finanzamt aufgrund der höher deklarierten Einkünfte in der vollständigen – alle in- und ausländischen Einkünfte des Erblassers erfassenden – Steuererklärung für den laufenden Veranlagungszeitraum eventuell eigene Nachforschungen anstellt. Die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige bleibt dem Erben dann aufgrund der bereits erfolgten Aufdeckung verwehrt.
(2) Nicht abgegebene Steuererklärungen für frühere Veranlagungszeiträume
Für unterlassene bzw. unvollständige Steuererklärungen des Erblassers entsteht beim Erben originär mit dem Erbfall die Pflicht zur Abgabe der Einkommensteuererklärung. Der Erbe tritt mit dem Erbfall an die Stelle des Erblassers und wird Subjekt des Steuerrechtsverhältnisses. Sofern der Erblasser Steuererklärungen nicht oder noch nicht abgegeben hatte, trifft diese Pflicht nun den Erben.
Der Erblasser verstirbt am 15.9.2012. Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 hatte der Erblasser noch nicht abgegeben.
Die Erben müssen neben der Einkommensteuererklärung für 2012 auch die Einkommensteuererklärung des Erblassers für das Jahr 2011 noch abgeben.
Durch den Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge im Erbfall wird der Erbe selbst Steuerschuldner (§ 45 Abs. 1 S. 1 AO). Der Erbe ist daher zur Mitwirkung bei der Ermittlung des steuerlichen Sachverhalts, zur Auskunft und Urkundenvorlage und zur Führung von Büchern oder Aufzeichnungen (§§ 90 ff AO) verpflichtet.
(3) Abzug der Steuerlast und Steuerberatungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei der Erbschaftsteuer
Die vom Erben zu entrichtende Einkommensteuer mindert die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer. Ist der Steuertatbestand bereits durch den Erblasser verwirklicht worden, handelt es sich – auch wenn die Steuer am Todestag noch nicht festgesetzt worden ist – um gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abziehbare Nachlassverbindlichkeiten. Für die Einkommensteuer im Todesjahr des Erblassers gilt, dass die Steuer nicht erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums entsteht, sondern schon am Todestag. Auch die Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen sind als Nachlassverbindlichkeiten gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig.