Der Erbe ist als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers auch gem. § 153 Abs. 1 S. 2 iVm Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO verpflichtet, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit von Steuererklärungen des Erblassers unverzüglich dem Finanzamt anzuzeigen und richtigzustellen, wenn er die Unrichtigkeit vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkennt und es durch die Unrichtigkeit zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist.
(1) Unverzügliche Berichtigungsanzeige und Richtigstellung
Mit der Berichtigungsanzeige ist auch die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen (§ 153 Abs. 1 S. 1 AO). Für den Erben bedeutet dies, dass er unverzüglich – d. h. nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB "ohne schuldhaftes Zögern" – nach Kenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Erklärung des Erblassers eine Berichtigung vornehmen muss und die vom Erblasser nicht angegebenen Einkünfte dem Finanzamt mitteilen muss. Als "unverzüglich" wird in der Literatur eine Anzeige innerhalb von zwei bis vier Wochen angesehen. Von der unverzüglichen Berichtigungsanzeige ist die Richtigstellung zu unterscheiden, die nicht unverzüglich erfolgen muss, aber innerhalb einer von der Finanzbehörde festgelegten angemessenen Frist.
Der Erbe hat der Finanzbehörde im Rahmen der Anzeige die Tatsachen mitzuteilen, die die Finanzbehörde ohne Schwierigkeiten und umfangreiche eigene Ermittlungen in die Lage versetzen, die zutreffende Steuer festzusetzen. Kann der Anzeigenerstatter, etwa weil die ausländische Bank die Unterlagen nicht aufbewahrt hat oder sie nicht mehr reproduzieren kann, keine exakten Angaben über die Besteuerungsgrundlagen machen, muss er der Finanzbehörde Tatsachen mitteilen, die eine Schätzung ermöglichen, oder selbst einen Schätzungsvorschlag unterbreiten. Die bloße Aufforderung der Finanzbehörde zur Schätzung genügt nicht. Die hinterzogenen Beträge können hingegen (bei ansonsten ordnungsgemäßer Berichtigungsanzeige) gem. § 162 AO geschätzt werden.
(2) Nachträgliches Erkennen der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit
Die Berichtigungspflicht setzt eine positive Kenntnis von der Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Steuererklärung und der bereits eingetretenen oder drohenden Steuerverkürzung voraus. Bloßes Kennenmüssen oder Erkennenkönnen genügt nicht. Eine Nachforschungspflicht nach Unrichtigkeiten existiert nicht. Selbst fahrlässiges oder leichtfertiges Nichterkennen der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit löst keine Berichtigungspflicht aus.
Die Kenntnis von der Existenz eines Nummernkontos in der Schweiz führt noch nicht zur Kenntnis einer Steuerverkürzung, solange der Erbe nicht positiv weiß, dass die daraus resultierenden Zinseinkünfte nicht deklariert sind bzw. das Guthaben aus unversteuerten Einnahmen stammt.
Die Berichtigungspflicht entsteht nur bei der Person, die positive Kenntnis der Unrichtigkeit erlangt. Bei mehreren Erben kann die Berichtigungspflicht daher auch nur einzelne Erben treffen. Die Anzeige eines Miterben wirkt dann aber auch für die übrigen Miterben (§ 181 Abs. 2 S. 3 AO analog). Eine Straffreiheit der übrigen Miterben ergibt sich auch nach Maßgabe des § 371 Abs. 4 S. 1 AO.
Ein Ehegatte, der gemeinsam mit dem Erblasser veranlagt war und die Steuererklärung mitunterzeichnet hat, unterliegt dagegen keiner Berichtigungspflicht, wenn er bei Abgabe der Steuererklärungen die Unrichtigkeit der Angaben gekannt hat. Ein "nachträgliches Erkennen", wie es die Berichtigungspflicht nach § 153 AO voraussetzt, ist in diesem Fall nicht möglich, es gilt außerdem der Nemo-tenetur-Grundsatz. Dem Ehegatten bleibt daher zur Rückkehr in die Steuerehrlichkeit nur der Weg der Selbstanzeige gem. § 371 Abs. 1 AO bzw. § 378 Abs. 3 S. 1 AO.
Der Erbe muss sich hingegen die (anfängliche) Kenntnis des Erblassers von einer unvollständigen oder unrichtigen Erklärung nicht zurechnen lassen. Erkennt er, dass der Erblasser bewusst eine falsche Erklärung abgegeben hat, liegt...