Aufgrund der Berichtigungsanzeige der Erben setzt das Finanzamt anhand der mitgeteilten (bislang nicht vom Erblasser versteuerten) Einkünfte die Steuern innerhalb der Festsetzungsfrist neu fest. Dieser festgesetzte Betrag ist von den Erben zuzüglich Zinsen nachzubezahlen. Die Pflicht zur Verzinsung folgt für Einkommensteuernachzahlungen aus § 233 a Abs. 1 AO. Der Zinslauf beginnt gem. § 233 a Abs. 2 AO 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Zusätzlich können Hinterziehungszinsen anfallen für den Zeitraum zwischen der eingetretenen Steuerverkürzung und dem Beginn des Zinslaufs gem. § 233 a Abs. 2 AO. Im Übrigen werden die Zinsen nach § 233 a AO auf die Hinterziehungszinsen gem. § 235 Abs. 4 AO angerechnet.
Vorsätzlich hinterzogene Steuern sind gem. § 235 Abs. 1 S. 1 AO zu verzinsen. Hinterziehungszinsen werden in Höhe von 0,5 % des hinterzogenen Betrages für jeden vollen Monat des Hinterziehungszeitraums erhoben, somit 6 % p. a. (§ 238 Abs. 1 S. 1 AO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung sind grundsätzlich nicht nach den Vorschriften des StGB, sondern nach den Vorschriften der AO und der FGO zu prüfen. Daher hindert auch der Tod des Erblassers, der seiner strafprozessualen Verfolgung entgegensteht, das Finanzamt nicht an der Festsetzung von Hinterziehungszinsen. Die Hinterziehungszinsen sind bis zu dem Zeitpunkt zu bezahlen, an dem die hinterzogenen Steuern gezahlt werden, § 235 Abs. 3 S. 1 AO.
Zur Berechnung einer Nachzahlung hinterzogener Steuern und der hierauf festzusetzenden Hinterziehungszinsen folgendes Beispiel:
Der am 1.2.2013 verstorbene Erblasser hat Zinseinkünfte aus einem seit den 90er-Jahren bei einer Schweizer Bank geführten Konto im Wert vorsätzlich nicht versteuert. Die Erben entdecken dies nach dem Erbfall und erstatten gegenüber dem zuständigen Finanzamt des Erblassers eine Berichtigungsanzeige. Sie teilen dem Finanzamt folgende nicht versteuerten Zinseinkünfte mit:
Jahr 2002 |
17.500 EUR |
Jahr 2003 |
18.375 EUR |
Jahr 2004 |
19.293 EUR |
Jahr 2005 |
20.258 EUR |
Jahr 2006 |
21.271 EUR |
Jahr 2007 |
22.334 EUR |
Jahr 2008 |
23.451 EUR |
Jahr 2009 |
24.624 EUR |
Jahr 2010 |
25.855 EUR |
Jahr 2011 |
27.148 EUR |
Jahr 2012 |
5.400 EUR (anteilig bis 1.2.2013) |
Der Erblasser hat seine Steuererklärungen stets vor dem 31.5. des Folgejahres abgegeben. Der ledige und damit alleinveranlagte Erblasser unterliegt (zur Vereinfachung) in den Jahren 2002 bis 2012 einem Steuersatz von 25 % (zzgl. Soli von 5,5 %: 25 % * 1,055 = 26,375 %) und ist konfessionslos. Für die Berechnung der Hinterziehungszinsen wird auf eine Nachzahlung per 31.5.2013 abgestellt; zur Vereinfachung wird unterstellt, dass die Hinterziehung mit dem 31.5. des jeweiligen Folgejahres begann.
Das Finanzamt wird folgende Nachzahlung festsetzen:
Jahr |
Kapitalerträge |
ESt-Nachzahlung |
Hinterziehungszinsen |
2002 |
17.500 EUR |
4.615,63 EUR |
2.770,14 EUR |
2003 |
18.375 EUR |
4.846,41 EUR |
2.617,39 EUR |
2004 |
19.293 EUR |
5.088,53 EUR |
2.443,33 EUR |
2005 |
20.258 EUR |
5.343,05 EUR |
2.244,96 EUR |
2006 |
21.271 EUR |
5.610,23 EUR |
2.020,61 EUR |
2007 |
22.334 EUR |
5.890,59 EUR |
1.767,58 EUR |
2008 |
23.451 EUR |
6.185,20 EUR |
1.485,46 EUR |
2009 |
24.624 EUR |
6.494,58 EUR |
1.170,09 EUR |
2010 |
25.855 EUR |
6.819,26 EUR |
819,43 EUR |
2011 |
27.148 EUR |
7.160,29 EUR |
430,10 EUR |
2012 |
5.400 EUR |
(bei ESt 12 zu erklären) |
- |
Gesamt: |
|
58.053,77 EUR |
17.769,09 EUR |
Beachte: ist auch der Vermögensstamm "schwarz", also wurde in Deutschland unversteuertes Vermögen (z. B. aus einem steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäft) ins Ausland übertragen, so fallen ggf. auch Hinterziehungszinsen auf den bislang im Inland unversteuerten Vermögensstamm an, sodass sich der Gesamtnachzahlungsbetrag im Worst Case auf bis zu 75 % des vorhandenen "schwarzen" Vermögens belaufen kann.
Die Steuerschulden des Erblassers sowie die Hinterziehungszinsen bis zum Todestag mindern die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer, da sie als Erblasserschulden gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abziehbar sind. Auch Beratungskosten, die bei der Erstattung der Anzeige anfallen, sind als Nachlassregelungskosten gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abziehbar.