Der Entscheidung des Nachlassgerichts Hamburg St. Georg (nachstehend Nachlassgericht) vom 13.4.2015 ist sowohl im Ergebnis als auch zum größten Teil hinsichtlich der Begründung zuzustimmen.
1) Das Nachlassgericht hat zu Recht – den im Beschluss zitierten Rechtsauffassungen von Lorenz und Dutta folgend (so auch: Dörner, in: Staudinger/Dörner (2007) Vorbem. zu Art 25 f EGBGB Rn 157) – entschieden, dass nach dem Erblasser, der sowohl die iranische als auch die kanadische Staatsangehörigkeit besaß, Art. 8 Abs. 3 des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens vom 17.2.1929 (nachstehend NA) anzuwenden ist, weil die Prüfung gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB ergeben hat, dass aufgrund der näheren Beziehungen des Erblassers zum Iran die iranische Staatsangehörigkeit die effektive war. Art. 8 Abs. 3 NA verweist auf die Anwendung des iranischen Erbrechts.
2) Nach dieser zutreffenden Entscheidung zum persönlichen Anwendungsbereich des NA hat sich das Nachlassgericht überraschend auch mit dem sachlichen Anwendungsbereich befasst. Die durchaus umstrittene Frage, ob das NA auch für das Nachlassvermögen außerhalb der beiden Vertragsstaaten gilt, hätte das Nachlassgericht nicht zu prüfen brauchen, weil die Antragstellerin einen auf das in Deutschland belegene Nachlassvermögen beschränkten Erbschein gem. § 2369 BGB beantragt hatte. Dieser Antrag war zulässig, weil der Erblasser auch Nachlassvermögen außerhalb von Deutschland, nämlich Immobilienvermögen in der kanadischen Provinz Ontario, hinterlassen hatte.
Nach diesseitigem Erachten ist das NA nicht nur für das in Drittstaaten belegene Nachlassvermögen, das besonderen Vorschriften im Sinne von Art. 3 a Abs. 2 EGBGB unterliegt, nicht anzuwenden, sondern generell nicht für Nachlassvermögen außerhalb der Vertragsstaaten (so zu Recht Süß: Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaaten, in: Dutta/Herrler (Hrsg.), Die Europäische Erbrechtsverordnung, 2014, S. 181 ff (186 – 189); aA Mankowski, ZEV 2013, 529 ff (534) und Lorenz, in: Bamberger/Roth-BGB Band 3, 3. Aufl. 2012, Art. 25 EGBGB Rn 11). Ansonsten wäre das NA ein "Vertrag zu Lasten Dritter" und in Nichtvertragsstaaten nicht durchsetzbar, falls diese nicht das Erbstatut ebenfalls an die Staatsangehörigkeit des Erblassers anknüpfen.
3) a) Nachdem das Nachlassgericht somit zutreffend zur Anwendung des iranischen Erbrechts für das in Deutschland belegene Nachlassvermögen gelangt war, musste es sich aufgrund der personalen (interreligiösen) Spaltung im iranischen Erbrecht (Staudinger/Dörner (2007) Anh. zu Art. 25 f EGBGB, Iran, Rn 327; Hertel, in: Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl. 2015, Teil 7 Kap. 4 Rn 1334) zunächst mit der Frage befassen, ob das grundsätzlich nur für Schiiten geltende iranische ZGB auch auf Angehörige der Bahai-Religion anzuwenden ist. Diese Religion ist im Iran nicht anerkannt. Ihre Angehörigen gelten als "irregeleitete Muslime". Dennoch sind die Regelungen im ZGB auch für sie anzuwenden (Staudinger/Dörner (2007) Anh zu Art 25 f EGBGB, Iran, Rn 330 u. IPRax 1994, 33; Yassari, in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann: Internationales Erbrecht, Länderteil Iran, Rn 2).
b) Nach dieser zutreffenden Feststellung, dass das iranisch-schiitische Erbrecht auch auf Angehörige der Bahai-Religion anzuwenden ist, musste sich das Nachlassgericht mit dessen Regelungen zur gesetzlichen Erbfolge befassen. Die Darlegungen des Nachlassgerichts zur gesetzlichen Erbfolge sind nur im Ergebnis richtig. Bei der Herleitung der Alleinerbfolge der ehelichen Tochter fehlt es aber an wichtigen Angaben bzw. Feststellungen (z. B. Alter des Erblassers, Vorversterben der Eltern, usw.).
Da nach iranischem Erbrecht auch bei Vorhandensein von Kindern die Eltern des Erblassers zu den gesetzlichen Erben I. Ordnung gehören (und dann jeweils eine koranische Erbquote von 1/6 gem. Art. 908, 909 ZGB erhalten), wäre zumindest die Feststellung erforderlich gewesen, dass beide Eltern des Erblassers vorverstorben waren. Nur dann ist die Antragstellerin als einzige eheliche Tochter als nasab-Erbin der I. Erbordnung gem. Art. 862 ZGB Alleinerbin geworden. Die Hälfte des Nachlasses hätte sie gem. Art. 899 Nr. 2 ZGB als einziges eheliches Kind als Koranerbin geerbt, die andere Hälfte gem. Art. 905 u. 907 S. 2 als Resterbin, weil keine Miterben des gleichen Grades (Vater bzw. Söhne des Erblassers) vorhanden waren. Auf das gesetzliche Erbrecht der geschiedenen Ehefrauen ist das Nachlassgericht dagegen nicht eingegangen, weil diese gem. Art. 940 u. 943 S. 2 ZGB in Folge der Ehescheidungen von der gesetzlichen Erbfolge gem. Art. 864 u. 896 ZGB ausgeschlossen waren.
Auch die Frage, ob weitere entfernte Verwandte des Erblassers (Erben der II. oder III. Ordnung gem. Art. 862 ZGB) zu den gesetzlichen Erben gehören, hat das Nachlassgericht zu Recht nicht geprüft, weil diese gem. Art. 863 ZGB bei Vorhandensein eines Erben der I. Erbordnung von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind.
An diesen Regelungen zur gesetzlichen Erbfolge haben die 2009 erfolgten Neuregelu...