Bei genauerem Hinsehen sind in der Diskussion drei Fragen wesentlich, die miteinander verwoben, aber getrennt voneinander zu beantworten sind:
- Liegt ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft vor, das ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger gemäß § 107 BGB selbst vornehmen kann?
- Können die Eltern den Minderjährigen bei dem Geschäft wirksam vertreten (§§ 1629 Abs. 2, 1795 BGB)?
- Ist – im Falle der Vertretung des Minderjährigen – a) eine Genehmigung durch das Familiengericht gemäß § 1822 Nr. 3 BGB notwendig und b) wann kann diese erteilt werden?
Die erste Frage ist immer eine Einzelfallentscheidung und ist allein am Maßstab des lediglich rechtlichen Vorteils zu entscheiden. Für Frage zwei ist maßgeblich, ob die Eltern (oder Vertreter) des Kindes einem Interessenkonflikt unterliegen. Für Frage drei ist zwingend zwischen dem Anwendungsbereich (Genehmigungspflichtigkeit des Geschäfts) und dem Entscheidungsmaßstab des Familiengerichts bei einer Genehmigungsentscheidung (Genehmigungsfähigkeit des Geschäfts) zu trennen. Dieser Entscheidungsmaßstab ist nicht mit dem des § 107 BGB gleichzusetzen.
I. Eigenständiges Handeln des Minderjährigen, § 107 BGB
Sofern der Minderjährige selbstständig handeln kann und nicht der Mitwirkung seiner Eltern oder eines Ergänzungspflegers bedarf, ist über Fragen zwei und drei nicht zu entscheiden. Ob ein Minderjähriger alleine handeln kann, regelt § 107 BGB.
1. Die Einzelfallentscheidung des § 107 BGB
Ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger (§ 106 BGB) kann ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft selbst vornehmen, § 107 BGB. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Geschäfts sind für § 107 BGB nicht von Bedeutung. Das soll dem Schutz des Rechtsverkehrs dienen, da (irgend-)ein rechtlicher Nachteil einfacher zu erkennen ist als der nur nach Saldierung der Vor- und Nachteile festzustellende wirtschaftliche Vorteil.
a) Keine pauschale Aussage möglich
Ob ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft vorliegt, ist immer anhand des Einzelfalles zu entscheiden. Der Gesetzgeber hat – anders als in §§ 1821 f. BGB – in § 107 BGB keinen Katalog von einwilligungsfreien Geschäften definiert, der im Sinne der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes formal auszulegen wäre. Die Voraussetzungen des § 107 BGB sind deshalb immer anhand des Einzelfalls abzuprüfen, die Bildung von Fallgruppen mag für die Praxis hilfreich sein, ist im Gesetz aber nicht angelegt.
In Rechtsprechung und Literatur wird die (1) aufschiebend auf die Eintragung im Handelsregister bedingte (2) schenkweise Übertragung eines (3) voll eingezahlten (4) Kommanditanteils an einer (5) rein vermögensverwaltenden KG für (generell) rechtlich lediglich vorteilhaft gehalten. Die Aufzählung der zu erfüllenden Merkmale zeigt jedoch, dass eine Aussage über die lediglich rechtliche Vorteilhaftigkeit keineswegs pauschal getroffen werden kann, sondern im Einzelfall genau überprüft werden muss. Die soeben aufgezählten Voraussetzungen können durch Gestaltung erreicht werden.
b) Versteckte rechtliche Nachteile
Den Minderjährigen dürfen durch die Anteilsübertragung auch keine anderen rechtlichen Nachteile treffen, die über die oben genannten kumulativen Voraussetzungen hinausgehen. Solche treten aber in der Gestaltungspraxis regelmäßig auf. Sieht der Gesellschaftsvertrag beispielsweise Nachschusspflichten vor, wird dem Minderjährigen die Pflicht zur Anrechnung des Erhaltenen auf den Pflichtteil oder die Pflicht zur Eingehung eines bestimmten Güterstands auferlegt, liegt möglicherweise ein hinre...