Leitsatz
1. Die Erteilung der Auskunft über den Bestand eines Nachlasses gemäß § 2314 Abs. 1 BGB ist, auch dann, wenn sie durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erfolgen hat, eine unvertretbare, nach § 888 ZPO zu vollstreckende Handlung. Auch wenn der Schuldner zur Erfüllung seiner Auskunftsverpflichtung der Mitwirkung eines Dritten – eines Notars – bedarf, handelt es sich gleichwohl nicht um eine Auskunftsverpflichtung des Notars selbst, sondern um eine solche desSchuldners.
2. Der Schuldner ist jedoch im Vollstreckungsverfahren gemäß § 888 ZPO in Fällen, in denen die Möglichkeit der Vornahme einer Handlung von der Mitwirkung eines Dritten abhängt und diese Mitwirkung zweifelhaft ist, auch verpflichtet, die Handlung des (ihm gegenüber) mitwirkungspflichtigen Dritten mit der gebotenen Intensität einzufordern, die ihr zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Dritten zu einer Mitwirkung zu bewegen und alle insoweit zumutbaren Maßnahmen – ggf. einschließlich eines gerichtlichen Vorgehens – zu ergreifen. Erst wenn feststeht, dass trotz derartigen intensiven Bemühens um die Mitwirkungshandlung des Dritten diese nicht zu erlangen ist, dann ist die titulierte unvertretbare Handlung nicht unmittelbar erzwingbar.
OLG Koblenz Beschl. v. 1.4.2021 – 12 W 50/21
1 Gründe
Entgegen der Auffassung der Schuldnerin ist die Erteilung der Auskunft über den Bestand eines Nachlasses gemäß § 2314 Abs. 1 BGB auch dann, wenn sie durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses (§ 2314 Abs. 1 S. 3, letzter Fall BGB) zu erfolgen hat, eine unvertretbare, nach § 888 ZPO zu vollstreckende Handlung. Wenn, wie hier, Auskunftsverpflichtungen (auch etwa in notarieller Form) nicht ohne Auskünfte und sonstige persönliche Mitwirkungshandlungen des Schuldners möglich sind, sind sie unvertretbar i.S.d. § 888 ZPO (so auch OLG Köln OLGR 2001, 431). Dies ist im Streitfall zu bejahen, da insoweit persönliche Mitwirkungshandlungen der Schuldnerin erforderlich sind (oder waren), die der Notar nicht allein aus vorhandenen schriftlichen Unterlagen entnehmen kann (konnte). Die Erteilung der Auskunft über den Bestand eines Nachlasses gemäß § 1314 Abs. 1 BGB ist damit, auch wenn sie durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erfolgen hat, eine unvertretbare, nach § 888 ZPO zu vollstreckende Handlung (siehe auch OLG Frankfurt Rpfleger 1977, 184; OLG Celle DNotZ 2003, 62).
Auch wenn die Schuldnerin zur Erfüllung ihrer Auskunftsverpflichtung der Mitwirkung eines Dritten – eines Notars – bedarf, handelt es sich gleichwohl nicht um eine Auskunftsverpflichtung des Notars selbst, sondern um eine solche der Schuldnerin. Lediglich die für deren Erfüllung vorgegebene Form – ein notarielles Nachlassverzeichnis – ist von der Mitwirkung des Dritten abhängig. Diese Mitwirkungshandlung des Notars hängt ihrerseits davon ab, dass zuvor die Schuldnerin die zur Erbringung der Mitwirkungshandlung des Notars erforderlichen eigenen Mitwirkungshandlungen erbringt, nämlich ihrerseits dem Notar Auskunft erteilt und gegebenenfalls Belege übermittelt hinsichtlich Nachlassbestand, Schenkungen und Zuwendungen der Erblasserin sowie hinsichtlich der Vollständigkeit dieser Erklärungen sowie dem Notar insoweit für Nachfragen etc. auch persönlich zur Verfügung steht (so auch OLG Koblenz OLGR 2007, 468). Dieser Angaben bedarf der Notar zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung hinsichtlich der Fertigung eines Nachlassverzeichnisses zwingend.
Die Schuldnerin ist jedoch im Vollstreckungsverfahren gemäß § 888 ZPO in Fällen, in denen die Möglichkeit der Vornahme einer Handlung von der Mitwirkung eines Dritten abhängt und diese Mitwirkung zweifelhaft ist, auch verpflichtet, die Handlung des (ihr gegenüber) mitwirkungspflichtigen Dritten mit der gebotenen Intensität einzufordern, die ihr zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Dritten zu einer Mitwirkung zu bewegen und alle insoweit zumutbaren Maßnahmen – ggf. einschließlich eines gerichtlichen Vorgehens – zu ergreifen (BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 68/08, NJW 2009, 2308). Erst wenn feststeht, dass trotz derartigen intensiven Bemühens um die Mitwirkungshandlung des Dritten diese nicht zu erlangen ist, dann ist die titulierte unvertretbare Handlung nicht unmittelbar erzwingbar (BGH a.a.O.; BayObLG, NJW 1975, 740; BayObLG, NJW-RR 1989, 462; OLG Frankfurt, NJW-RR 1992, 172; OLG Köln, OLGR 2005, 382; OLG Stuttgart, OLGR 2005, 728; OLG Düsseldorf, InstGE 9, 179). Voraussetzung für eine solche Feststellung ist, dass der Vollstreckungsschuldner alles in seiner Macht Stehende getan hat, um die Mitwirkung des Dritten zu erlangen, und dass er seine darauf gerichteten Bemühungen im Einzelnen dargelegt hat (BayObLG, NJW-RR 1989, 462 m.w.N.; OLG Köln, OLGR 2005, 382; OLG Stuttgart, OLGR 2005, 728).
Dabei verkennt der Senat nicht, dass das im Streitfall geschuldete, durch eine Notar aufgenommene Nachlassverzeichnis gemäß § 1314 Abs. 1 BGB nicht bereits dann vorli...