a) Der Deutsche Anwaltverein hat den Vorschlag unterbreitet, in § 2314 Abs. 1 BGB als neuen Satz 3 einzufügen, dass auf Anforderung Belege vorzulegen sind (wie bereits seit 2009 in § 1379 Abs. 1 S. 2 BGB für den Zugewinnausgleich vorgesehen). Der Vorschlag ist begrüßenswert, wobei freilich nicht unerwähnt bleiben darf, dass ein solcher Anspruch bislang nicht ausnahmslos verneint wird. Damit würde nicht nur die Diskussion darüber beendet, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen nicht bereits nach der jetzigen Rechtslage ein solcher Anspruch besteht. Auch wenn dies auf den ersten Blick vielleicht nicht einleuchten mag, ist eine solche Vorschrift auch durchaus im Sinne des Erben, der sich damit nicht nur möglicherweise Arbeit erspart, sondern insbesondere das in der Praxis immer wieder zu beobachtende tiefe Misstrauen des Pflichtteilsberechtigten reduzieren kann.
b) Das BMJV beabsichtigt, eine gesetzliche Pflicht des Erben zur Mitwirkung bei der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses im Beurkundungsgesetz "neu aufzunehmen und diese Pflicht durch Regelungen zu ihrer Durchsetzung zu flankieren." Der angenommene Handlungsbedarf besteht hingegen nicht. Unterlassene Mitwirkung des Erben wird in ausreichender Weise sanktioniert, sei es im Prozess des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben, sei es im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO. Dass der Notar im Falle fehlender Mitwirkung des Erben etwas zu befürchten hätte, ist in keiner Weise ersichtlich. Wenn der Erbe trotz Aufforderung und Belehrung nicht mitwirkt und der Notar sich die erforderlichen Informationen nicht auf andere Weise beschaffen kann, erfüllt er seine Pflichten ggf. auch durch ein bloßes "Rumpfverzeichnis".
c) Bedenken ausgesetzt ist auch die Absicht des BMJV, eine Pflicht des Notars zur Übersendung des Verzeichnisentwurfs an den Auskunftspflichtigen und den Auskunftsberechtigten einzuführen, verbunden mit der Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Einwände (dem Notar gegenüber) vorzutragen, die Nachermittlungen des Notars ermöglichen und nach Ablauf der Frist Einwände auszuschließen. Systemfremd ist es, damit ein Rechtsverhältnis unmittelbar zwischen dem Notar und dem Pflichtteilsberechtigten herzustellen. Auch die angestrebte materiell-rechtliche Präklusion ist bedenklich, und zwar nicht erst dann, wenn auf Einwände des Pflichtteilsberechtigten oder von sich aus der Notar Änderungen vorgenommen hat und die Reichweite dieser Präklusion Fragen aufwerfen kann. Die Präklusion, die schon im Zivilprozessrecht Ausnahmecharakter hat und nur zurückhaltend angewendet werden darf, dürfte auch im Widerspruch zu dem vom historischen Gesetzgeber aus guten Gründen angestrebten, inzwischen mit Verfassungsrang (Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG) versehenen Schutz des Pflichtteilsberechtigten stehen. Die Notwendigkeit einer besonderen Beschleunigung des Verfahrens unter Zurückdrängung der Verwirklichung des materiellen Rechts ist nicht ersichtlich.
d) Einfacher und zugleich sinnvoller könnte es sein, der Gesetzgeber verschaffte dem Pflichtteilsberechtigten mehr eigene Auskunftsansprüche. Der auf den ersten Blick attraktive Vorschlag ist aber wohl wenig praxisgerecht. Auch wenn Banken, Versicherer, Behörden usw. zur Auskunft verpflichtet würden, wäre Voraussetzung, dass der Pflichtteilsberechtigte seine Pflichtteilsberechtigung nachweisen könnte. Es gibt dafür aber keinen verlässlichen, einem Erbschein vergleichbaren Nachweis.
e) Überlegenswert dürfte es sein, ähnlich der Geschäftsverteilung bei Gerichten, bei den Notarkammern einen – möglichst nach Landgerichtsbezirken aufgeteilten – Turnus für Nachlassverzeichnisse einzurichten. Dem Erben würde die Last abgenommen, mit viel Aufwand und möglicherweise trotzdem erfolglos einen Notar zu suchen, der bereit ist, in angemessener Zeit ein Nachlassverzeichnis zu erstellen.