Anspruch auf Rechnungslegung
Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts am 1.1.2023 haben sich einige gravierende Änderungen im Hinblick auf die Pflicht zur Schlussrechnungslegung ergeben.
Diese ist nunmehr in § 1872 Abs. 2–4 BGB geregelt. Diese Regelungen stellen den früheren Betreuer und den Erben im Erbfall teilweise vor erhebliche Probleme.
Das erste Problem ergibt sich aus § 1872 Abs. 2 BGB. Die Schlussrechnung ist nur zu erstellen, wenn der oder die Berechtigten dies verlangen, und zwar binnen einer Frist von sechs Wochen, nachdem der Betreuer die Berechtigten auf dieses Recht hingewiesen hat. Wenn diese nun nicht bekannt oder der Aufenthalt nicht bekannt ist, wird es schwierig. In diesem Fall greift § 1872 Abs. 3 BGB, wonach dann eine Schlussrechnung zu erstellen ist, wenn die Erben oder deren Aufenthalt nach sechs Monaten nicht bekannt sind.
Da es nicht Aufgabe des Betreuers ist, die Erben zu ermitteln, werden die meisten Berufsbetreuer auf diese Regelung ausweichen.
Das Betreuungsgericht ist allerdings gem. § 1873 Abs. 3 BGB nur dann verpflichtet, die Schlussrechnung auch zu prüfen, wenn der Erbe dies binnen sechs Wochen nach Übersendung der Schlussrechnung und einem entsprechenden Hinweis des Gerichts verlangt. Das wird von vielen Erben übersehen.
Ein weiters Problem für den Erben stellt sich, wenn nicht alle Erben bekannt sind oder sich die Erben nicht einigen können, an wen die Schlussrechnung herausgegeben werden soll.
Eine wesentlich schwerwiegendere Änderung betrifft jedoch die nach § 1859 BGB von der Rechnungslegungspflicht "befreiten" Betreuer.
Diese müssen gem. § 1859 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB keine Rechnungslegung einreichen und können über das Vermögen des Betreuten nahezu ohne gerichtliche Kontrolle frei verfügen (§ 1859 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 BGB).
Sie müssen lediglich einmal jährlich ein aktuelles Vermögensverzeichnis einreichen, wobei diese Frist durch das Betreuungsgericht auf bis zu fünf Jahre verlängert werden kann.
Diese Regelung gab es, zumindest nahezu identisch, bisher auch.
Die wesentlichste Änderung ergibt sich aus § 1872 Abs. 5 BGB.
Nach altem Recht war auch der von der Rechnungslegungspflicht befreite Betreuer nach Ende der Betreuung verpflichtet, dem Gericht eine förmliche Schlussrechnungslegung über den gesamten Betreuungszeitraum einzureichen.
Nach der Neuregelung entfällt diese Pflicht und der "befreite" Betreuer ist nach Ende der Betreuung lediglich verpflichtet, eine Vermögensübersicht mit einer Übersicht der Einnahmen und Ausgaben seit der letzten Vermögensübersicht einzureichen.
Was genau hinsichtlich der Einnahmen und Ausgaben eingereicht werden soll, ist nicht klar, im Zweifel genügt ein Kontoauszug des entsprechenden Zeitraums.
Im Ergebnis bedeutet dies, der Erbe bekommt einen Kontoauszug seit der letzten eingereichten Vermögensübersicht. Wenn der Erblasser drei Tage nach diesem Zeitpunkt verstorben ist, auch nur für diesen Zeitraum.
Er hat keinen Anspruch auf Belegvorlage und für die Zeiträume davor, gegebenenfalls mehrere Jahre, kann er lediglich die jährlichen (oder fünfjährlichen) Vermögensverzeichnisse anfordern.
Der Erbe kann zwar über die Banken Kontoauszüge, zumindest der letzten zehn Jahre, anfordern und versuchen, diese selbst zu prüfen. Das ist jedoch ohne Belege schwierig.
An dieser Stelle bleibt dem Erben nur die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche, insbesondere des Anspruchs auf Rechenschaftslegung gem. § 666 BGB (ggf. analog).
Teilweise wird vertreten, dass nach Ablauf der "spezialgesetzlichen" Frist zur Anforderung der Schlussrechnungslegung oder Vermögensübersicht ein Anspruch auf Rechenschaftslegung auch nicht auf andere Anspruchsgrundlagen gestützt werden kann.
Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden, auch wenn sie seit der Reform von befreiten Betreuern teilweise vehement vertreten wird. § 1972 BGB regelt lediglich die Pflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht. Die Regelung hat keinen Einfluss auf die zivilrechtlichen Ansprüche des Betreuten (oder dessen Erben) gegen den Betreuer. Das Betreuungsrecht ist insoweit kein "Spezialgesetz", es regelt ein anderes Rechtsverhältnis.
Dies war auch schon vor der Reform der Fall, hatte damals aber eine geringere praktische Bedeutung, da die Rechnungslegung dort immer gegenüber dem Gericht erfolgte und dort einsehbar war.
Besonders relevant ist dies für Nachlasspflegschaften, da der Nachlasspfleger haftet, wenn er Ansprüche, die den unbekannten Erben gegen den Betreuer zustehen, nicht geltend macht.
Entlastung
Ein weiterer Problemfall ist die Entlastung, die von Betreuungsgerichten und Betreuern nach dem Tod des Betreuten von Erben und Nachlasspflegern eingefordert wird.
Tatsächlich besteht auf eine solche Erklärung, die dem Betreuer Entlastung für die Führung der Betreuung erteilt, kein Anspruch.
Der Nachlasspfleger kann die Entlastung ohne nachlassgerichtliche Genehmigung nicht wirksam erteilen, da in dieser Erklärung ein Verzicht auf Ansprüche gegen den Betre...