Leitsatz
1. Ein handschriftliches Testament ist formunwirksam, wenn der Bedachte durch einen maschinenschriftlichen Adressaufkleber (hier: auf einem Briefumschlag) benannt werden soll. Das Schriftformerfordernis für eigenhändige Testamente stellt eine grundsätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung dar, von der auch im Einzelfall nicht abgewichen werden kann.
2. Eine Verfügung von Todes wegen ist auch dann formunwirksam, wenn die Zuwendung dergestalt erfolgen soll, dass zur Person des Bedachten nur ein Symbol (hier: Pfeil) weist, denn bei Symbolen handelt es sich nicht um eine Schrift, die auf ihre Eigenhändigkeit hin untersucht werden könnte.
OLG München, Beschl. v. 23.7.2024 – 33 Wx 329/23
1 Gründe
I.
Die ledige Erblasserin ist am TT.MM.2022 kinderlos verstorben. Der Beschwerdeführer begehrt die Erteilung eines ihn als Alleinerben ausweisenden Erbscheins. Dafür beruft er sich auf ein Schriftstück, das von der Erblasserin herrühren soll.
Bei dem Schriftstück handelt es sich um die Vorderseite eines Fensterbriefumschlags im Format 21 cm x 11 cm. In der linken oberen Ecke finden sich die eingekreisten Buchstaben "kl. Test." Oberhalb des Fensters befindet sich das Wort (Nachname der Erblasserin), das vom Beschwerdeführer auf das Briefkuvert geschrieben worden ist. In der Mitte bzw. am rechten Rand befindet sich folgender Text bzw. folgendes Symbol:
Zitat
„Familie F. Liebe Grüße!!!
Internet alles löschen
Seelenmess!
Rechter Schrank
schw. Kleid
Schultertuch
Gab: 2‘.
Rest Dir.“
Neben den letzten beiden Zeilen in der rechten unteren Ecke des Briefkuverts befindet sich ein Adressaufkleber des Beschwerdeführers. Zwischen den Wörtern "Rest dir" und dem Adressauf-kleber befindet sich ein Pfeil, der auf den Namen des Beschwerdeführers weist. Die (vermeintliche) Unterschrift der Erblasserin befindet sich oberhalb dieses Adressaufklebers neben dem Wort "Schultertuch".
Der Beschwerdeführer behauptet, alle übrigen Wörter und Schriftzeichen, auch der Pfeil zu dem Adressschild, seien von der Erblasserin selbst gefertigt worden. Am 21.10.2022 beantragte der Beschwerdeführer einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweist.
Mit Beschl. v. 1.12.2022 wies das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag zurück. Es stützte sich u.a. darauf, dass das Formerfordernis des § 2247 Abs. 1 BGB nicht gewahrt und ein Testierwille nicht ersichtlich sei.
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 25.8.2023, mit der der Beschwerdeführer seinen An-trag weiter erfolgt. Dieser Beschwerde half das Nachlassgericht mit Beschl. v. 13.12.2023 nicht ab und legte die Akten dem Senat zu Entscheidung vor.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, bleibt im Ergebnis jedoch ohne Erfolg.
Der Senat teilt die Ansicht des Nachlassgerichts, dass das verfahrensgegenständliche Schriftstück keine formwirksame Verfügung von Todes wegen darstellt.
1. Nach § 2247 Abs. 1 BGB kann der Erblasser ein Testament durch eine eigenhändig geschrie-bene und unterschriebene Erklärung errichten. Zweck dieses Schriftformerfordernisses ist es insbesondere, den wirklichen Willen des Erblassers zur Geltung kommen zu lassen, in dem es die Selbstständigkeit dieses Willens nach Möglichkeit verbürgt und die Echtheit seiner Erklärungen so weit wie möglich sicherstellen soll (BGH, Beschl. v. 3.2.1967 - III ZB 14/66, NJW 1967, 1124; OLG Frankfurt - 20 W 542/11, ZEV 2013, 334).
Die Voraussetzungen des eigenhändig geschriebenen Testaments sind eng auszulegen. Als eigenhändig geschrieben ist nur ein solches Testament anzusehen, das nicht nur vom Erblasser persönlich abgefasst und niedergelegt, sondern auch von ihm in der ihm eigenen Schrift geschrieben und damit in einer Art und Weise errichtet worden ist, welche die Nachprüfung der Echtheit des Testaments aufgrund der individuellen Züge, die die Handschrift eines jeden Menschen aufweist, gestattet (BGH, Beschl. v. 3.2.1967 - III ZB 14/66, NJW 1967, 1124). Daher entspricht z.B. die Anordnung des letzten Willens in Bildern nicht der gesetzlichen Form (Lange/Kuchinke, ErbR, 2001, § 20 IV.1.c).
Die Unterschrift soll das Testament räumlich abschließen, um spätere Zusätze auszuschließen (MüKo-BGB/Sticherling, BGB, 9. Aufl. 2022, § 2247 Rn 39). Sie ist zwingendes Gültigkeitserfordernis, von dem aus Gründen der Rechtssicherheit nicht abgegangen werden kann. Sie garantiert die Ernstlichkeit der letztwilligen Verfügung. Nur die Unterschrift gibt die Gewähr für den Abschluss des Testaments durch den Erblasser (Abschlussfunktion der Unterschrift), sie hat grundsätzlich am Schluss der Urkunde zu erfolgen (BGH, Urt. v. 20.11.1990 - XI ZR 107/89, NJW 1991, 487; BGH, Urt. v. 21.1.1992 - XI’ZR 71/91, NJW 1992, 829; Senat - 33 Wx 119/23, ErbR’2024, 121).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann das vorliegende Schriftstück nicht als form-wirksame Verfügung von Todes wegen angesehen werden. Weder wurde es von der Erblas-serin durchgängig handschriftlich verfasst noch weist es eine Unterschrift auf.
a) Das vorliegende Schriftstück stellt schon deswegen keine wirksame Verfügung von Todes wegen dar, weil es nicht durchgäng...