Das Urteil des LG Bonn schafft Klarheit (die zugelassene Revision wurde von der betroffenen Bank nicht eingelegt): Guthabenauskehrungen einer Bank zur Zahlung von Bestattungskosten sind unzulässig. Die Bank zahlt ohne Erfüllungswirkung und muss den verfügten Betrag erneut an den Nachlass auskehren. Sie kann sich dabei nicht auf Gegenforderungen berufen, mit denen sie aufrechnen könnte. Denn solche Gegenforderungen bestehen schon gar nicht oder sie sind einredebehaftet.
In Betracht kämen allenfalls Ansprüche auf Aufwendungsersatz nach den §§ 670, 677, 683 BGB aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, wenn die Bank eine fremde Verbindlichkeit der Erben gegenüber der Ordnungsbehörde als Auftraggeber der Kontobuchung aus § 1968 BGB als Dritter gemäß §§ 362, 267 erfüllt. Es liegen aber weder die Voraussetzungen einer berechtigten GoA vor, noch wird eine fremde Verbindlichkeit erfüllt.
Durch die Zahlung von Bestattungskosten führt die Bank ein fremdes Geschäft. Bankkonten gehen mit dem Tode des Erblassers und ehemaligen Kontoinhabers auf dessen Erben über, § 1922 BGB. Sind die Erben unbekannt, so obliegt es gemäß § 1960 BGB allein einem bestellten Nachlasspfleger, über den Nachlass und damit das Kontoguthaben zu verfügen. Sind die Erben unbekannt und ist noch kein Nachlasspfleger bestellt, greift die Bank durch eine Auszahlung in den Rechtskreis der Erben ein und erledigt damit bereits ein objektiv fremdes Geschäft, weil es seiner Natur und seinem Inhalt nach nicht in ihren, sondern in einen anderen Rechts- und Interessenkreis fällt. Das macht es jedoch noch lange nicht zu einem Geschäft der Erben. Die Bank hat nämlich keine Berechtigung iSd § 677 BGB zur Fremdgeschäftsführung. Die Bank ist aus dem Kontoführungsvertrag ausschließlich verpflichtet, die Interessen der Berechtigten, also der Erben, zu wahren und damit keine Anweisungen unberechtigter Dritter auszuführen. Der vorhandene Geschäftsbesorgungsvertrag verdrängt die Regelungen der GoA, da es am negativen Tatbestandsmerkmal des § 677 BGB fehlt, dass der Geschäftsführer nicht anderweitig zur Geschäftsbesorgung dem Geschäftsherrn gegenüber legitimiert oder sogar verpflichtet ist (vgl. MüKo-BGB/Seiler, 5. Aufl. 2009, § 677 Rn 43).
Weiterhin wäre auch der entgegenstehende mutmaßliche Wille der Erben nicht unbeachtlich iSd § 679 BGB. Es besteht für das Kreditinstitut kein öffentliches Interesse an der Geschäftsführung. Das öffentliche Interesse wäre ausschließlich an der alleinigen Verfügungsgewalt des Nachlasspflegers zu erkennen, § 1960 BGB (so: Jochum, Keine Verfügungen über Nachlasskonten nach dem Tod des Betreuten, BtPrax 1996, 88/89).
Eine fremde Verbindlichkeit der Erben gegenüber der Ordnungsbehörde aus § 1968 BGB besteht in der hier vorliegenden Konstellation gerade nicht: Denn hier hat die Ordnungsbehörde die Bestattung im Wege der Ersatzvornahme auf Grundlage des Bestattungsgesetzes NRW veranlasst. Der Regress der Ordnungsbehörde regelt sich in diesem Fall nicht über § 1968 BGB, sondern nach öffentlichem Recht. Die Behörde hat daher die Kosten der Ersatzvornahme gegen die nach § 8 I BestG NRW Bestattungspflichtigen nach § 11 II Nr. 7 KostO NW iVm §§ 55 II, 77 VwVG NRW (zu anderen landesrechtlichen Grundlagen vgl. Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917/920 ff) festzusetzen. Erst der Bestattungspflichtige kann von den Erben Befreiung von dieser öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit verlangen.
Ein Anspruch gegen den Erben, den eine Bank in Geschäftsführung ohne Auftrag vom Nachlasskonto erfüllen kann, entsteht daher erst mit der Kostenfestsetzung durch Verwaltungsakt. Bittet daher – so wie hier geschehen – eine Behörde vor der Kostenfestsetzung die Bank, die Rechnung des Bestattungsunternehmen vom Nachlasskonto zu begleichen, ist die Bank dazu nicht aus GoA berechtigt, weil die Erben hierzu nicht verpflichtet sind (so ausdrücklich: Jacoby, Die Tilgung der Bestattungskosten vom Nachlasskonto, WM 2003, 368/374 unter Bezugnahme auf LG Itzehoe, WM 2002, 503 = FamRZ 2001, 1486; ebenso: BeckOK/Lohmann, § 1968 BGB Rn 3; Palandt/Edenhofer, BGB, 68. Aufl. 2009, § 1968 Rn 1).
Das LG Bonn stellt darüber hinaus fest, dass selbst bei Bejahung einer Gegenforderung eine Aufrechnung ausgeschlossen wäre. Denn diese Gegenforderung wäre nicht in banküblicher Weise erlangt worden. Die Erklärung der Aufrechnung verstößt in diesen Fällen gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB: "Selbstexekution im Wege der Aufrechnung"). Andernfalls hätte die Bank es in der Hand, die erbrechtliche Haftungsreihenfolge zu bestimmen. Das vorhandene Kontoguthaben wäre im entschiedenen Fall vorrangig für die Deckung der Kosten der Nachlasspflegschaft bei ansonsten mittellosem Nachlass eingesetzt worden. Die Kosten der Nachlasspflegschaft sind dann den Kosten der Beerdigung vorrangig (vgl. Zimmermann, Nachlasspflegschaft, 2. Aufl. 2009, Rn 597). Der Erben bzw. der Nachlasspfleger hätte gegen etwaige Ansprüche auf Befreiung/Zahlung der Bestattungskosten die Einrede ...