Die Organvertretung ist das stärkste Gestaltungsmittel, um für Gesellschaften Vertretungsmacht einzuräumen. Sie umfasst die uneingeschränkte Vertretungsmacht für die Gesellschaft. Sie ist allerdings praktisch relevant nur für die GmbH. Für die GmbH, in der die Geschäftsführerbestellung und -abberufung nicht zwingend durch den Aufsichtsrat erfolgt, bestehen folgende Möglichkeiten:
▪ |
Ist der Vollmachtgeber GmbH-Mehrheitsgesellschafter und einziger Geschäftsführer, kann er der Vertrauensperson entweder Stimmrechtsvollmacht erteilen, sich im Krisenfall selbst zum Geschäftsführer zu bestellen oder er ernennt sie mit sofortiger Wirkung zum stellvertretenden Geschäftsführer (§ 44 GmbHG). |
▪ |
Hält der Vollmachtgeber nicht die Mehrheit der Stimmen, kann auf Vorrat eine Verpflichtungserklärung (mittels Gesellschafterbeschluss mit einfacher Mehrheit) eingeholt werden, in der sich die Gesellschaft vorab verpflichtet, im Krisenfall die die Gesellschafter zu bestellen. |
▪ |
Der Vollmachtgeber stellt durch Abschluss von Stimmbindungsverträgen sicher, dass die Vertrauensperson im Krisenfall Geschäftsführer wird und nur aus wichtigem Grund wieder abberufen werden kann. |
▪ |
Ist die Vertrauensperson selbst Gesellschafterin, kann ihr unmittelbar in der Satzung ein mitgliedschaftlicher Anspruch auf die eigene Geschäftsführung eingeräumt werden. |
▪ |
Ist nur der Vollmachtgeber, nicht die Vertrauensperson Gesellschafter, kann dieser durch Gesellschaftsvertrag das Recht zugewiesen werden, nach eigener Wahl einen Geschäftsführer zu benennen, ihn zu bestellen und ggf. wieder abzuberufen. Zur Ausübung dieses Rechts kann die Vertrauensperson unter Befreiung von § 181 BGB bevollmächtigt werden und sich im Krisenfall dann aufgrund der Vollmacht zum Geschäftsführer ernennen (allerdings erscheint diese Lösung aus meiner Sicht nicht unproblematisch, weil das dem Gesellschafter zugewiesene Sonderrecht ggf. höchstpersönlich ist und von daher fraglich sein kann, ob die Ausübung des Sonderrechts durch Dritte zulässig ist). |
Bei der AG sind die Gestaltungsmöglichkeiten dagegen sehr eingeschränkt, da der Vorstand zwingend durch den Aufsichtsrat zu bestellen ist und diesbezügliche Stimmbindungen unzulässig sind.
Am wenigsten Gestaltungsmöglichkeiten bestehen bei Personengesellschaften wegen des dort geltenden Verbots der Fremdorganschaft. Daher können der Vertrauensperson nur im Ausnahmefall Organbefugnisse verschafft werden, z. B. wenn sie bereits persönlich haftender Gesellschafter der Personengesellschaft ist. Als "attraktive Alternativgestaltung" schlägt Reymann die Aufnahme einer GmbH als geschäftsführende Gesellschafterin und die gesellschaftsvertragliche Verankerung einer Alleinvertretungsbefugnis zu ihren Gunsten vor, womit die Vertrauensperson – unter Umgehung des Grundsatzes der Selbstorganschaft – auf GmbH-Ebene auch als Nichtgesellschafterin zum umfassenden Organvertreter bestellt werden kann.
Formulierungsvorschlag für Alleingesellschafter-Geschäftsführer:
"Ich bevollmächtige den eingangs bezeichneten Vollmachtnehmer auch, meine Gesellschafterrechte in der unter der Firma ... betriebenen GmbH (GmbH & Co. KG) wahrzunehmen, insbesondere Geschäftsführer und Prokuristen zu bestellen und abzuberufen. Sollte das Unternehmen in eine andere Rechtsform transferiert werden müssen oder sollte das Unternehmen veräußert oder liquidiert werden müssen, so bezieht sich die Vollmacht auch hierauf. Weiterhin ermächtigt die Vollmacht auch zur Veräußerung und Liquidation des Unternehmens."