In diesem Zusammenhang ist jedoch problematisch, ob es sich bei der Anfechtungserklärung überhaupt um ein Rechtsgeschäft iSd § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB bzw. §§ 1795 Abs. 2, 181 BGB handelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gem. § 2081 S. 1 BGB die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, durch die ein Erbe eingesetzt, ein gesetzlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen, ein Testamentsvollstrecker ernannt oder eine Verfügung gleicher Art. aufgehoben wird, durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht erfolgt. Es handelt sich dabei somit um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die erst mit Zugang beim Nachlassgericht ihre Wirksamkeit erlangt. Für die Anwendung des § 181 BGB (wie auch des § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB) auf einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen wird wie folgt differenziert:
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Handelt es sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Vertreter wahlweise auch gegenüber sich selbst hätte vornehmen können (vgl. etwa §§ 875 Abs. 1 S. 2, 876 S. 2, 880 Abs. 3, 1168 Abs. 2, 1183 S. 2 BGB), so hält die herrschende Auffassung § 181 BGB (in entsprechender Anwendung) für einschlägig, da die von § 181 BGB geregelte Kollisionslage gegeben ist. |
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Außerdem ist § 181 BGB anwendbar, wenn keine Wahlerklärung vorliegt, sondern die Erklärung nur gegenüber der staatlichen Stelle abgegeben werden kann, die Erklärung aber der Sache nach an eine Privatperson gerichtet ist (z. B. gem. §§ 376 Abs. 2, 2079 ff); denn auch in diesen Fällen greift der Schutzzweck des § 181 BGB ein. So kann beispielsweise ein gesetzlicher Vertreter nicht namens des vertretenen Kindes ein Testament anfechten, in dem er selbst der Begünstigte ist. |
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Schließlich kann § 181 BGB nicht entgegenstehen, wenn die staatliche Stelle auch materielle Erklärungsempfängerin ist. So kann beispielsweise die als Vorerbin eingesetzte Mutter für ihr als Nacherbe eingesetztes, von ihr gesetzlich vertretenes Kind die Nacherbschaft ausschlagen, selbst wenn sie dadurch Erbin würde. |
Vorliegend ist die Konstellation in vollem Umfang vergleichbar mit derjenigen, die dem Urt. des RG v. 8.2.1934 zugrunde lag. Das RG führt diesbezüglich aus: "Es kann keinen Unterschied machen, dass die Anfechtung in diesem Sonderfall gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären ist. Mit der Vorschrift des § 2081 Abs. 1 hat der Gesetzgeber nur der Rechtssicherheit dienen wollen; es soll durch diese für die Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung möglicherweise grundlegende Erklärung im öffentlichen Interesse und im Interesse der Beteiligten die jederzeitige Nachweisbarkeit gesichert werden; der zur Anfechtung Berechtigte soll nicht genötigt sein, erst zu ermitteln, wer aufgrund der anzufechtenden letztwilligen Verfügung Erbe ist, eine Aufgabe, die für einen Privatmann oft schwierig zu lösen sein würde; (...) Aber diese aus Gesetzmäßigkeitsgründen getroffene Sonderregelung kann nichts daran ändern, dass sachlich die, deren erbrechtlichen Ansprüche geändert oder ausgeschlossen werden, durch die Anfechtung getroffen sind; sie sind wie bei der Anfechtung nach § 119 BGB sachlich die Anfechtungsgegner. Das erkennt das Gesetz selbst dadurch an, dass es (in § 2081 Abs. 2) dem Gericht die Pflicht auferlegt, die zu benachrichtigen, denen die angefochtene Verfügung unmittelbar zustatten kommt. (...) Es bedarf keiner weiteren Darlegung, dass die Gefahr, die § 181 BGB ausschließen will, in Fällen der hier fraglichen Art. nicht weniger als in den Regelfällen vorhanden ist."
Somit steht fest, dass die Tatsache, dass die Anfechtungserklärung als einseitige Erklärung gem. § 2081 Abs. 1 BGB dem Nachlassgericht gegenüber abzugeben ist, der Anwendbarkeit des § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht entgegensteht.