Für die Vorwegnahme der Erbfolge außerhalb des Höferechts bestehen keine gesetzlichen Sonderregelungen über Art, Umfang und Zeitpunkt erbrechtlicher Wirkungen. Ob erbrechtliche Wirkungen gewollt sind, bestimmt sich daher nach den allgemeinen Vorschriften. Bei Verträgen, die den Terminus der vorweggenommenen Erbfolge beinhalten und damit bereits grammatisch eine Nähe zu erbfallbezogenen Regelungen indizieren, eröffnet dies ausgehend von dem vom Gesetzgeber in der Höfeordnung vorausgesetzten, mit gewissen Erbfallwirkungen ausgestatteten Konzept in besonderem Maße Spielraum für die Auslegung.
Dabei hat der BGH verschiedentlich – wie es scheint durchaus im Sinne eines Erfahrungssatzes – festgestellt, dass bei der vorweggenommenen Erbfolge typischerweise eine (auch) auf die Herbeiführung erbrechtlicher Wirkungen abzielende Motivlage vorliegt.
So bezeichnete er 1952 den "Übergabevertrag" im Anschluss an den Obersten Gerichtshof für die Britische Zone als Vertrag, "um damit (...) Vermögensverhältnisse für den Todesfall zu ordnen (...)". In seinem Urteil vom 14.3.1968 führte das Gericht im Zusammenhang mit der Aushöhlungsnichtigkeit von lebzeitigen Rechtsgeschäften in Anbetracht der Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments aus, dass Übergabeverträge "durch den von den Parteien vereinbarten Gehalt des Rechtsgeschäfts auf eine Erbfolgeregelung abzielen." Vier Jahre später gab der BGH zwar seine Rechtsprechung zur Aushöhlungsnichtigkeit auf, bestätigte aber erneut, dass "(s)ehr häufig lebzeitige Verfügungen über größere Vermögensobjekte im Zusammenhang mit erbrechtlichen Planungen (stehen) (...). "
Weiter oben wurde die Frage aufgeworfen, was das weitere Element der Vorwegerbfolge ist, wenn allein die Definition des Beteiligtenkreises nicht hinreicht. Nach dem Vorstehenden scheint es eine typische Motivlage des Übergebers zu sein, die lebzeitige Vermögensübertragung in einen Wirkungszusammenhang mit seiner übrigen, insbesondere letztwilligen Nachfolgeplanung zu bringen. Soweit ein solcher rechtserheblicher Wille des Übergebers festzustellen ist, ist im Wege der Auslegung die konkrete Reichweite zu ermitteln.
a) Vorwegerbfolge an Abkömmlinge – Ausgleichung, Anrechnung oder beides?
Geradezu ein Klassiker ist inzwischen die – grammatisch häufig sogar isoliert (!) an die Kautele "vorweggenommene Erbfolge" anknüpfende – Auslegung im Rahmen der Vorwegerbfolge an Abkömmlinge. Der BGH hat hier bereits mehrfach festgestellt, dass damit eine "Anrechnung auf den Erbteil" zum Ausdruck kommen kann, die bei der Bestimmung der Teilungsquoten im Wege der Idealkollation – Ausgleichung gem. §§ 2050 ff – realisiert wird. In diesem Fall wird im Zuge der Vorwegerbfolge zugleich eine (Teil-)Erbauseinandersetzung antizipiert.
Eine schematische Auslegung verbietet sich freilich, wie der BGH gerade jüngst wieder festgestellt hat. In seiner Entscheidung vom 27.1.2010 hat er im Rahmen einer Pflichtteilsstreitigkeit darauf hingewiesen, dass der Terminus der "vorweggenommenen Erbfolge" unter Umständen auch (ggfs. auch zugleich: § 2316 IV BGB) als Andeutung einer konkludenten Anrechnungsbestimmung im Sinne des § 2315 I BGB verstanden werden kann; dies gilt sicherlich umso mehr, als im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern die Beteiligten bei einer lebzeitigen Zuwendung in Vorwegerbfolge üblicherweise vom Gleichbehandlungsgrundsatz und insofern – fälschlicherweise – von einer automatischen "Anrechnung auf Erb- und Pflichtteil" ausgehen.
b) Übergabe an Pflichtteilsberechtigte – Vorwegerbfolge als Enterbung?
Die bereits mehrfach erwähnte Entscheidung des BGH vom Januar 2010 enthält, ohne dies zu vertiefen, noch eine weitere, im Zusammenhang mit einer Anrechnungs...