Den maßgeblichen Ausgangspunkt für die Klärung des Spannungsfeldes zwischen den beiden Normen bildet der Ansatz der gesetzgeberischen Reform. Die Differenzierungen zwischen den beiden Lösungen nach § 2306 Abs. 1 S. 1 u. 2 BGB aF sind zugunsten eines generellen Wahlrechts des mit Beschränkungen oder Beschwerungen belasteten pflichtteilsberechtigten Erben aufgegeben worden. Demzufolge muss die bislang allein für § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB aF geltende Lösung zum Zusammenspiel zwischen § 2306 BGB und § 2336 BGB nunmehr vollumfänglich zur Anwendung gelangen.
Da der Erblasser einen Abkömmling, den er als Erben einsetzt, durch die Anordnung einer Nacherbfolge auch dann beschränken kann, wenn die Voraussetzungen des § 2338 BGB nicht vorliegen, muss unterschieden werden. Schlägt der Abkömmling die Erbschaft nach § 2306 BGB nicht aus, bleibt er schon nach allgemeinen Grundsätzen an die Beschränkungen gebunden; § 2338 BGB ist insoweit bedeutungslos.
Nahezu unstreitig steht dem Pflichtteilsberechtigten ein Wahlrecht dahingehend zu, den mit Anordnungen belasteten Erbteil anzunehmen oder diesen zum Zwecke der Einforderung des Pflichtteils auszuschlagen, wenn neben den Anordnungen nach § 2338 BGB auch solche des § 2306 BGB bestehen. Schlägt der Pflichtteilsberechtigte in dieser Konstellation aus, steht ihm der Pflichtteil zu, auf den indes die zulässigerweise nach § 2338 BGB getroffenen Anordnungen übergehen, wenn nicht ausnahmsweise der Erblasserwille darauf gerichtet ist, dem Abkömmling einen unbelasteten Pflichtteil zuwenden zu wollen. Eine Nacherbschaft wandelt sich dabei in ein Nachvermächtnis um.
Hiervon zu unterscheiden und in der Literatur umstritten ist dagegen die Frage, wie zu verfahren ist, wenn der pflichtteilsberechtigte Erbe ausschließlich durch zulässige Anordnungen iSd § 2338 BGB belastet ist. Die wohl überwiegende Ansicht in der Literatur will dieses Problem so lösen, dass dem Pflichtteilsberechtigten bei einer Ausschlagung gleichfalls ein Pflichtteil zusteht, der mit den Anordnungen nach § 2338 BGB belastet ist. Dem kann aber aus verschiedenen Gründen nicht zugestimmt werden. Erfolgen lediglich Anordnungen nach § 2338 BGB, fehlt es schon an einem Wahlrecht des Pflichtteilsberechtigten iSd § 2306 Abs. 1 BGB, sodass er im Falle einer Ausschlagung sowohl sein Erbrecht als auch seinen Pflichtteil verliert. Erneut ist zu beachten, dass es einem als Erben Berufenen nicht gestattet ist, auszuschlagen und stattdessen den Pflichtteil zu beanspruchen. Nimmt man diesen Grundsatz ernst, ist es nicht recht einzusehen, weshalb im Falle des § 2338 BGB der Abkömmling zwischen einer beschränkten Erbenstellung und einem gleichermaßen beschränkten Pflichtteilsanspruch sollte wählen können.
Ferner lohnt ein Blick auf das Verständnis sowie den Sinn und Zweck des § 2306 BGB. Nach ganz herrschender Meinung werden Anordnungen nach § 2338 BGB von § 2306 BGB nicht erfasst. Demzufolge ist aber bereits der Tatbestand des § 2306 BGB nicht erfüllt, wenn der Erblasser lediglich Beeinträchtigungen iSd § 2338 BGB angeordnet hat. Mithin fehlt es an den Voraussetzungen, nach denen der zum Erben berufene Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteil trotz Ausschlagung des Erbteils verlangen könnte. Dieses Ergebnis stimmt im Übrigen auch mit dem Sinn und Zweck des § 2306 BGB überein. Dieser will den Pflichtteilsberechtigten vor unliebsamen Anordnungen des Erblassers und damit vor einer hieraus resultierenden Beeinträchtigung seiner Mindestteilhabe am Nachlass schützen. Von einer solchen Notwendigkeit kann jedoch bei den Anordnungen des § 2338 BGB keine Rede sein. Bei diesen stehen nach dem Aufgezeigten gerade altruistische Motive sowie eine Art "Zwangsfürsorge" zum Schutz des Betroffenen im Vordergrund.
Auch wenn der Reformgesetzgeber in § 2306 Abs. 1 BGB mittlerweile ein Wahlrecht zwischen belastetem Erbteil und Pflichtteil geschaffen hat, so gilt dies doch nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Stellung im Gesetz nur für den Fall des § 2306 BGB und nicht auch für denjenigen des § 2338 BGB.