Leitsatz
1. Nach § 2314 Abs. 1 S.1 BGB ist der auskunftspflichtige Erbe nicht zugleich zur Rechnungslegung verpflichtet, da diese als weitergehende Darstellung über eine bloße Auskunftserteilung hinausgeht. Zur Auskunftserteilung müssen allerdings die einzelnen Aktiv- und Passivposten des tatsächlichen und des nach §§ 2325 ff BGB berücksichtigungsfähigen fiktiven Nachlasses im Einzelnen und entsprechend den Erkenntnismöglichkeiten des Verpflichteten konkret aufgelistet werden. Darüber hinaus ist der Berechtigte über sonstige Umstände zu informieren, die die Pflichtteilsberechtigung beeinflussen und deren Kenntnis zur Durchsetzung des Pflichtteilsanspruches erforderlich ist.
2. Bei nach §§ 2325 ff BGB anrechnungsfähigen Schenkungen sind der Name des Leistungsempfängers und das zugrunde liegende Rechtsgeschäft zu bezeichnen. Bei gemischten Schenkungen besteht hingegen nach wohl zutreffender Auffassung kein Auskunftsanspruch auf Mitteilung des Werts der ausgetauschten Leistungen, sondern lediglich ein Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB, der jedoch an den vom Pflichtteilsberechtigten zu erbringenden Beweis der Zugehörigkeit des betreffenden Gegenstandes zum fiktiven Nachlass geknüpft ist.
OLG Brandenburg, Urt. v. 14.7.2020 – 3 U 38/19
1 Tatbestand:
I. Die Parteien streiten im Rahmen einer erbrechtlichen Stufenklage über Grund und Inhalt des von den Klägern geltend gemachten Auskunfts- sowie Wertermittlungsanspruchs.
Die Beklagte ist die Witwe, die Kläger sind die Söhne des am … 2017 verstorbenen H. Aus der Ehe ist ein weiterer Abkömmling, die Tochter S., hervorgegangen, der die Eheleute mit Verträgen vom 1.10.2015 und 18.8.2016 das gemeinsame mit einem Wohnhaus bebaute sowie weitere Grundstücke übertragen haben. Die Beklagte ist Alleinerbin nach dem Erblasser.
Unter dem 29.9.2017 verlangten die Kläger Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses. Ihnen wurde daraufhin vom späteren Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben vom 25.1.2018 (Bl. 20 f GA) ein entsprechendes Verzeichnis übersandt.
Die Kläger waren bereits erstinstanzlich der Auffassung, die ihnen erteilte Auskunft sei unvollständig, verhalte sich insbesondere mit Blick auf etwaige nach § 2325 BGB ergänzungspflichtige Schenkungen nicht zu den Umständen der bzw. etwaigen Gegenleistungen für die Übertragung des unbeweglichen Vermögens an S., und das vorgelegte Nachlassverzeichnis sei von der Beklagten auch nicht selbst unterzeichnet worden; zudem fehlten Belege und bestehe zu ihren Gunsten ein Wertermittlungsanspruch.
Die Beklagte hatte sich darauf berufen, die begehrte Auskunft den gesetzlichen Vorgaben entsprechend erteilt zu haben.
Das Landgericht hat die Beklagte durch das angefochtene Teilurteil antragsgemäß verpflichtet, den Klägern Auskunft zu erteilen über den Bestand des Nachlasses des Erblassers durch Erstellung eines Nachlassverzeichnisses mit allen Aktiva und Passiva unter Vorlage der entsprechenden Belege, über den Güterstand des Erblassers, alle vom Erblasser innerhalb seiner letzten 10 Lebensjahre getätigten (auch gemischten bzw. unter Nießbrauchsvorbehalt stehenden) Schenkungen, über alle ab dem Zeitpunkt der Eheschließung mit der Beklagten erfolgten Schenkungen, über anrechnungspflichtige und ausgleichspflichtige Vorempfänge, über erfolgte Auszahlungen aufgrund von Lebens-, Sterbegeld-, Unfallversicherungen des Erblassers, Bausparverträgen, Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall nebst Belegen sowie über den Wert der Nachlassgegenstände bzw. der der Pfichtteilsergänzung unterliegenden Gegenstände am Tag des Eigentumsüberganges sowie am Todestag, dabei den Wert der pflichtteilsrelevanten Grundstücke gemäß Grundbuch von V … Bl. (a …), (b …), (c …), (d …) und (e …) durch Gutachten eines öffentlich vereidigten Sachverständigen zu ermitteln und die hierzu eingeholten Gutachten vorzulegen.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, die geltend gemachten Ansprüche ergäben sich aus § 2314 Abs. 1, 2 BGB; zwar genüge es in diesem Rahmen, wenn das Verzeichnis über den Nachlassbestand durch ein Anwaltsschreiben mitgeteilt werde; die erteilten Auskünfte seien jedoch unvollständig, fehlten doch etwa Angaben zu Bargeldbeträgen, Vorempfängen und Schenkungen an die Beklagte und Dritte; es seien auch Belege vorzulegen, da sich anderenfalls die erteilte Auskunft nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüfen ließe; insbesondere bei Schenkungen bedürfe es zudem der Vorlage von Urkunden, um auf deren Grundlage Feststellungen zu ihrem Wert treffen zu können.
Gegen die erstinstanzliche Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Berufungsführerin rügt unter Vorlage der o.a. Übertragungsverträge, die Zivilkammer habe das materielle Recht falsch angewandt, denn nach einhelliger Rechtsprechung bestehe im Rahmen von § 2314 BGB nach Maßgabe des § 260 BGB kein allgemeiner Anspruch auf Belegvorlage, Ausnahmen gälten nur für Auskünfte betreffend Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen; hingegen sei § 259 BGB, der zur Belegvorla...