Der Betreute kann seinen jetzigen oder früheren Berufs- oder ehrenamtlichen Betreuer zum Erben (oder Vermächtnisnehmer, oder Testamentsvollstrecker) einsetzen; das Verbot des § 14 HeimG (mit § 134 BGB) ist nicht analog anwendbar;[1] denn dadurch würde die Testierfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) beeinträchtigt.

Allerdings sind Betreute häufig nicht mehr testierfähig.[2]

War der Erblasser noch testierfähig, stellt sich u.U. die Frage der Sittenwidrigkeit. Es gibt keine allgemeine Wertung des Inhalts, dass Testamente von Betreuten zugunsten von Betreuern sittenwidrig sind. Im Einzelfall kann aber ein Testament, in dem der Betreuer oder dessen Angehörige erbrechtlich vom Betreuten begünstigt werden, wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig sein;[3] das gilt genauso bei anderen bedachten Personen. Das BVerfG[4] hat entschieden: "Die Testierfreiheit umfasst auch die Freiheit, die Vermögensnachfolge nicht an den allgemeinen gesellschaftlichen Überzeugungen oder den Anschauungen der Mehrheit ausrichten zu müssen."

Als sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB ist ein Rechtsgeschäft zu beurteilen, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist.[5] Eine Einzelfallbetrachtung ist erforderlich.[6] Beispiele aus der Rechtsprechung: Ein solches notarielles Testament ist sittenwidrig, wenn der Betreuer seinen Einfluss auf den Betreuten dazu benutzt hat, dass dieser ohne reifliche Überlegung über erhebliches Vermögen zugunsten des Betreuers verfügt hat.[7] Ein Testament zugunsten einer Berufsbetreuerin kann sittenwidrig sein, wenn die Betreuerin ihre Stellung und ihren Einfluss auf einen älteren und alleinstehenden Erblasser dazu benutzt, gezielt auf den leicht beeinflussbaren Erblasser einzuwirken und ihn dazu zu bewegen, vor einer von ihr herangezogenen Notarin in ihrem Sinne letztwillig zu verfügen.[8] Veranlasst ein Betreuer einen Testierunfähigen, durch eine letztwillige Verfügung sich selbst als Begünstigten einzusetzen, kann hierin eine Untreue bzw. eine Teilnahme hieran liegen.[9]

[2] Hierzu zuletzt OLG Hamm, BeckRS 2020, 31379; Reinert, ErbR 2021, 487.
[6] BayObLG, Urt. v. 18.12.1997 – 1Z BR 73/97, NJW 1998, 2369. Auffällig ist übrigens, dass sehr selten die Höhe der Erbschaft in der Entscheidung mitgeteilt wird, obwohl sie ein wichtiges Kriterium ist.
[8] OLG Celle, Urt. v. 7.1.2021 – 6 U 22/20, ZEV 2021, 386 = NJW 2021, 1681 (Anm. Wolffskeel v. Reichenberg, der die Anwendung von § 138 BGB für verfehlt hält); Litzenburger, FD-ErbR 2021, 437206.
[9] OLG Celle, Beschl. v. 13.2.2021 – 1 Ws 54/13, ZEV 2013, 344; der Betreuer wurde beschuldigt, zusammen mit einem Notar, betreute und testierunfähige Senioren veranlasst zu haben, ihn als Erben einzusetzen. Es ging um ca. 787.000 EUR.

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