§ 30 BtOG (Betreuungsorganisationsgesetz) – Leistungen an berufliche Betreuer
"1) Einem beruflichen Betreuer ist es untersagt, von dem von ihm Betreuten Geld oder geldwerte Leistungen anzunehmen. Dies gilt auch für Zuwendungen im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen. Die gesetzliche Betreuervergütung bleibt hiervon unberührt."
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn
1. andere als die mit der Betreuervergütung abgegoltenen Leistungen vergütet werden, insbesondere durch die Zahlung von Aufwendungsersatz nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, oder
2. geringwertige Aufmerksamkeiten versprochen oder gewährt werden.
(3) Das Betreuungsgericht kann auf Antrag des Betreuers im Einzelfall Ausnahmen von dem Verbot des Absatzes 1 Satz 1 und 2 zulassen, soweit der Schutz des Betreuten dem nicht entgegensteht. Entscheidungen nach Satz 1 sind der für den beruflichen Betreuer zuständigen Stammbehörde mitzuteilen.“
1. Inhalt von § 30 Abs. 1 S. 2 BtOG
a) Zweck
Der Gesetzgeber wollte "zur Vermeidung von Missbrauch des übertragenen Amtes oder auch nur dessen Anschein eine gesetzliche Vorschrift zur sogenannten Compliance" schaffen. Das entspricht dem Zeitgeist. Diese erbrechtliche Regelung wurde ins BtOG gestellt, obwohl sie mit Betreuungsorganisation nichts zu tun hat; richtiger Standort wäre zB § 1851 nF BGB oder § 1943 BGB gewesen.
Ehrenamtliche Betreuer (definiert in § 19 Abs. 1 BtOG) sind von der Neuregelung nicht betroffen, sie gilt nur für Berufsbetreuer. Ehrenamtliche Betreuer können (1) aus dem familiären oder persönlichen Umfeld des Betreuten kommen, zB Ehegatten, Kinder; es können aber auch (2) andere Personen sein, die nicht als berufliche Betreuer registriert sind (§ 23 BtOG); sie wollen sich beschäftigen, aber auch Geld (Aufwandspauschale) verdienen. Auch sie kommen nur durch den Gerichtsbeschluss in Kontakt mit dem Betreuten. Die Missbrauchsgefahr ist bei diesen "anderen Personen" daher genauso groß wie bei einer Person, die "innerhalb einer beruflichen Tätigkeit" und mit Registrierung eine Betreuung führt; gleiche Sachverhalte werden also vom Gesetz unterschiedlich behandelt.
b) Auslegung
Die Gesetzestechnik ("Dies gilt auch …") ist missglückt. Sinngemäß lautet die Regelung: "Einem beruflichen Betreuer ist es untersagt, von dem von ihm Betreuten Geld oder geldwerte Leistungen in Form von Zuwendungen im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen anzunehmen". Allerdings ist in § 30 BtOG nicht angegeben, welche Konsequenzen es hat, wenn der Betreuer die Erbschaft bzw Zuwendung trotz der Untersagung annimmt; daran scheitert die Annahme eines gesetzlichen Verbots (§ 134 BGB) und somit die Nichtigkeit der Annahme.
Es heißt in § 30 BtOG nämlich nicht, dass es dem Betreuten verboten ist, einen Berufsbetreuer im Testament zu bedenken, was ein Verbotsgesetz iSv §134 BGB wäre, sondern es ist nur ein Annahmeverbot für den Bedachten ausgesprochen. Das passt für den Erbvertrag (Angebot/Annahme) und das Vermächtnis (das Vermächtnis muss angenommen werden, § 2180 BGB) sowie das Amt des Testamentsvollstreckers (das Amt muss angenommen werden, § 2202 Abs. 1 BGB), aber nicht für das einseitige Testament. Denn die Erbschaft geht mit dem Tod des Erblassers auf den Erben über (§§ 1922, 1942 Abs. 1 BGB), selbst wenn der Erbe nichts vom Erbfall oder vom Testament weiss; eine Annahme der Erbschaft ist nicht nötig (anders die Meinung der Laien); nur für den Erbscheinsantrag ist die Annahme ausdrücklich zu erklären (§ 352 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 FamFG). Der Erbe hat aber befristet das Recht, die Erbschaft auszuschlagen (§ 1944 BGB).
Solche Annahmeverbote für "Vorteile" gibt es auch in anderen Vorschriften, zB in § 71 Abs. 1 BBG und § 3 Abs. 2 TVöD; § 32 I Pfarrdienstgesetz EKD, § 78 II ZDG für Zivildienstleistende. Ihre Bedeutung ist unklar und umstritten.
Die Gesetzesbegründung zu § 30 BtOG schreibt, nachdem auf Beschlüsse der Betreuerverbände zur "Compliance" verwiesen wurde: Daher stellt das Verbot, Begünstigungen anzunehmen, eine Berufspflicht dar.“ Auf eine Gegenäußerung des Bundesrats erwiderte die Bundesregierung: Durch § 30 BtOG werde die Testierfreiheit nicht beeinträchtigt. "Der Betreuer wird nur berufsrechtlich verpflichtet, Zuwendungen nicht anzunehmen. Eine Annahme trotz Verbot wäre wirksam, darüber hinaus kann die Annahme genehmigt werden." …"Um eine wirksame und berufsrechtlich bedenkenlose Annahme der Zuwendung zu gewährleisten, ist eine Genehmigung nach § 30 Abs. 3 BtOG zu beantragen."
Damit ist klargestellt, dass ein wirksames Testament vorliegt. Es besteht keine Pflicht zur Ausschlagung (nicht einmal bei Insolvenz ist ein Schuldner zur Ausschlagung einer Erbschaft verpflichtet, vgl § 83 InsO). Die Annahme ist nicht nichtig. Die Annahme des Vorteils wird dem Berufsbetreuer allerdings "untersagt", aber nur als Berufspflicht, die nirgends abschießend festgelegt ist. Wenn sich der Erbe während der Ausschlagungsfrist nicht rührt, wird er ...