Wenngleich Dokumente generierende Online-Plattformen damit zulässig sind, stellt sich die Frage, ob diese auch das in ihnen liegende Potenzial im Hinblick auf den Ausgleich des bestehenden Informationsmangels nutzen. Diese Frage soll am Beispiel von "Smartlaw" exemplarisch beleuchtet werden. "Smartlaw" konzentriert sich bei der Erstellung der gemeinschaftlichen Testamente im Wesentlichen auf Fragen rund um die Erbeinsetzung, Vermächtnisse, die Testamentsvollstreckung, Schiedsklauseln und die Rechtswahl. Den Nutzern wird die Möglichkeit geboten, eine PDF-Datei gegen ein Entgelt zu erwerben.
Der wesentliche Nachteil von sämtlichen Rechtsdokumentegeneratoren scheint auf der Hand zu liegen: Mangels der Möglichkeit einer intensiven Auseinandersetzung mit den individuellen und insbesondere familiären Besonderheiten können die Generatoren keineswegs den Gang zu Rechtsanwälten oder Notaren gänzlich ersetzen. Doch wer dies kritisiert, der verkennt, dass von Seiten der Online-Plattformen gar nicht bezweckt sein dürfte, den Besuch von Rechtsanwälten oder Notaren in Gänze entbehrlich zu machen. Sie vereinfachen vielmehr den Zugang zum Recht. Es erleichtert dem nicht beratenen, durchschnittlichen Erblasser das Bestreben, ein formgültiges Testament zu verfassen, indem ihm eine kostengünstige und zeitsparende Alternative geboten wird. Das hierfür von den Online-Plattformen entwickelte Frage-Antwort-System wird diesem Zweck gerecht.
Positiv zu bewerten ist, dass die Online-Plattform auf die Formvorschriften des § 2267 BGB i.V.m. § 2247 BGB hinweist. Insbesondere das Erfordernis der Eigenhändigkeit und der Unterschriften werden in der Praxis nicht selten übersehen. Nach § 2267 S. 1 BGB genügt es, wenn einer der Ehegatten das Testament in der dort vorgeschriebenen Form – also insbesondere eigenhändig – errichtet und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet. Gem. § 2267 S. 2 BGB soll der mitunterzeichnende Ehegatte hierbei angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er seine Unterschrift beigefügt hat.
Positiv hervorzuheben ist zudem, dass von der Online-Plattform auch die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments erörtert wird. So wird explizit gefragt, ob eine Bindung des überlebenden Ehegatten nach dem Tod des Erstversterbenden an das Testament gewünscht sei und ob es gewollt sei, dass dieser bezogen auf sein eigenes Vermögen kein neues Testament mehr errichten könne. Die Nutzer werden auch explizit darauf aufmerksam gemacht, dass die Frage der Bindungswirkung häufig zu Streit führe und daher klar und eindeutig geregelt werden solle. Sie werden zudem auf die Widerrufsmöglichkeiten und die notarielle Beurkundungspflicht hingewiesen. Damit beugt der Online-Anbieter einem wesentlichen Problem, welches aus der Diskrepanz zwischen der Formvorschrift für die Errichtung des gemeinschaftlichem Testaments und für den Widerruf hervorgeht, vor und gleicht diesbezüglich den bestehenden Informationsmangel aus.
Leider schließt der Online-Anbieter aber nicht die wesentliche Informationslücke, die derzeit im Zusammenhang mit einer möglichen Scheidung besteht. Denn die entscheidende Frage, ob die Verfügungen im Fall einer Scheidung (wechselbezüglich) weitergelten sollen, wird den Nutzern – zumindest derzeit noch – nicht gestellt. Auch über die Folgen einer Scheidung werden die Nutzer derzeit nicht hinreichend aufgeklärt. Damit dürften auch für Testamente, die mithilfe des Rechtsdokumentengenerators erstellt werden, Auslegungsprobleme hinsichtlich des hypothetischen Fortgeltungswillens bestehen. Diesbezüglich nutzt die Dokumente generierende Online-Plattform daher noch nicht das in ihr liegende Potenzial in Gänze aus.
Auf dieser (positiven) Prognose könnte sich der Gesetzgeber freilich ausruhen. Dagegen könnte jedoch die in Art. 14 Abs. 1 GG als Unterform der Erbrechtsgarantie manifestierte Testierfreiheit sprechen. Die Testierfreiheit gewährleistet die gewillkürte Vermögensübertragung von Todes wegen. Sie dient der Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben. Wie aufgezeigt birgt die derzeitige Rechtslage Gefahren für die Testierfreiheit in Fällen einer Fortgeltung der Wechselbezüglichkeit der im gemeinschaftlichen Testament getroffenen Verfügungen im Scheidungsfall. Während zwischen Eheleuten eine besondere Vertrauensgrundlage besteht, die die weitreichenden Folgen von wechselbezüglichen Verfügungen, speziell die Bindungswirkung, von rechtlich nicht beratenen Eheleuten rechtfertigt, ist dies im Falle einer Scheidung nicht mehr anzunehmen. Die Testierenden sollten für diesen Fall vor den weitreichenden Folgen der Bindungswirkung geschützt werden. Doch welche Möglichkeiten hätte der Gesetzgeber, die bisherige Ausgangslage zu modifizieren?