1
Ein gemeinschaftliches Testament kann gem. § 2265 BGB nur von Ehegatten oder gem. § 10 Abs. 4 LPartG von eingetragenen Lebenspartnern errichtet werden. Doch wer eine Ehe bzw. eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingeht, der kann diese auch wieder durch eine Scheidung bzw. Aufhebung auflösen. Besonders diese Fallgestaltungen bergen – wie nachfolgend aufgezeigt wird – rechtliche Probleme, die zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten führen. Gesetzgeberisch wurde die nachfolgend aufgeführte Problematik noch nicht gelöst. Nun aber könnte die Digitalisierung in Form von Legal Technology (Legal Tech) und im Speziellen die Anwendung von Rechtsdokumentengeneratoren unweigerlich Veränderungen mit sich bringen, die möglicherweise auch die auftretenden Probleme im Umgang mit gemeinschaftlichen Testamenten reduzieren.
I. Überblick
Das stetig wachsende Feld des Legal Tech ist aus der deutschen Rechtslandschaft kaum noch wegzudenken. Zahlreiche Legal-Tech-Anbieter – wie beispielsweise Dokumente generierende Online-Plattformen oder Plattformen zur Durchsetzung von Verbraucheransprüchen – haben sich mittlerweile am Markt fest etabliert. Auch das Erbrecht profitiert von der Vielfalt der Legal-Tech-Anbieter. Während sich bei Erbrechtsstreitigkeiten Plattformen zur Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund der Individualität und Komplexität erbrechtlicher Verfahren nicht eignen dürften, so ist es im Bereich des Erbrechts durch Legal Tech zumindest möglich, auf verschiedenen Rechtsportalen den eigenen Pflichtteilsanspruch zu berechnen. Auch den Rechtsdokumentengeneratoren kommt eine immer wichtigere Bedeutung zu. Denn zu ihrem Repertoire gehört auch die Erstellung von Testamenten. Anhand von verschiedenen Fragen mitsamt den dazugehörigen Erklärungen ist auch die Erstellung einer Vorlage eines gemeinschaftlichen Testaments möglich. Die testierenden Eheleute werden hierbei auch darauf aufmerksam gemacht, dass das Testament nur dann wirksam ist, wenn es von einem Ehegatten handschriftlich geschrieben und am Ende des Testaments mit dem Namen unterschrieben wird. Doch welche Vorteile haben Dokumente generierende Online-Plattformen neben einer kostengünstigen Erstellungshilfe? Wird den Testierenden nur der Gang zu Rechtsanwälten oder Notaren erspart? Um die Vorteile der Generatoren bewerten zu können, soll zunächst ein kurzer Überblick über die derzeit bestehenden Probleme im Umgang mit gemeinschaftlichen Testamenten geschaffen werden. Inwieweit sind die Dokumente generierende Online-Plattformen imstande, die nachfolgend dargestellte Problematik zu lösen? Der nachfolgende Beitrag dient der Skizzierung und Bewertung der Möglichkeiten von Rechtsdokumentengeneratoren am Beispiel von gemeinschaftlichen Testamenten. Zur Komplementierung der Fragestellungen werden abschließend mögliche Handlungsoptionen des Gesetzgebers beleuchtet.
II. Konsequenzen einer Scheidung
Ein gemeinschaftliches Testament ist gem. § 2268 Abs. 1 BGB in den Fällen des § 2077 BGB, mithin im Fall der Auflösung der Ehe vor dem Tod, seinem ganzen Inhalt nach unwirksam. § 2268 Abs. 1 BGB soll jedoch nur als "widerlegbare Auslegungsregel" fungieren. Gem. § 2268 Abs. 2 BGB tritt die Unwirksamkeit nicht ein, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung auch für den Fall der Auflösung der Ehe getroffen sein würde. Da ein gemeinschaftliches Testament sowohl wechselbezügliche als auch einseitige Verfügungen enthalten kann, stellt sich unweigerlich die Frage, ob auch wechselbezügliche Verfügungen nach einer Scheidung wirksam bleiben können. Wechselbezügliche Verfügungen i.S.v. § 2270 Abs. 1 BGB sind immer dann anzunehmen, wenn die Verfügung eines Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre. Die Verfügung des einen Ehegatten soll mithin mit der anderen "stehen und fallen". Da § 2268 Abs. 2 BGB nicht zwischen wechselbezüglichen Verfügungen und einseitigen Verfügungen differenziert, hat der BGH klargestellt, dass Verfü...