Diese Urkundsgewährungspflicht aus § 15 Abs. 1 BNotO gilt zunächst auch für das Nachlassverzeichnis. Eine andere Frage ist es, ob der Notar im Hinblick auf die außerhalb seines Amtsbereichs erforderlichen Handlungen die Aufnahme des Verzeichnisses – jedenfalls soweit sein Amtsbereich überschritten ist – ablehnen darf. Das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 11 a Abs. 2 BNotO stellt zunächst einen "ausreichenden Grund" zur Verweigerung der Urkundstätigkeit im Sinne des § 15 BNotO dar, freilich nur insoweit, als nicht Tätigkeiten vorzunehmen sind, die innerhalb des Amtsbereichs vorzunehmen wären. Es handelt sich mithin um eine gesetzlich nicht vorgesehene partielle Verweigerung der Beurkundung. Hat der Urkundsbeteiligte an einer solchen nur teilweisen Bestandsaufnahme kein Interesse, mag er den Beurkundungsauftrag insgesamt zurücknehmen. Liegen die Voraussetzungen des § 11 a Abs. 2 BNotO nicht vor, muss der Notar die Amtstätigkeit außerhalb seines Amtsbereichs mithin ablehnen.
Schwieriger ist die Situation dort zu beurteilen, wo ein Tätigwerden dem Notar nicht nach § 11 a Abs. 2 BNotOganz oder zum Teil verboten ist. Hier kann sich der Notar zunächst nicht auf die in § 11 a Abs. 2 BNotO liegenden "ausreichenden Gründe" zur Verweigerung der Beurkundungstätigkeit berufen.
Für die Frage der Zulässigkeit der Verweigerung der Amtstätigkeit steht dem Notar ein Ermessen zu. Die in der Literatur anerkannten Ermessensgesichtspunkte sind dabei etwa Krankheit des Notars, rechtliche Zweifel, das Verlangen nach Beurkundung in fremder Sprache und Ähnliches.
Für die ablehnende Entscheidung des Notars, eine Besichtigung außerhalb des Amtsbereichs vorzunehmen, kann sicher nicht angeführt werden, die Tätigkeit sei zeitlich aufwendig und dabei wenig lukrativ. Für das auszuübende Ermessen dürfte vielmehr von Bedeutung sein, dass die Beurkundung durch den Notar außerhalb des Amtsbereichs vom Gesetzgeber nicht gewünscht ist und nur ausnahmsweise in Betracht kommt. Der Notar soll seine Dienstleistungen eben in der Regel in seiner Amtsstelle, jedenfalls in seinem Amtsbereich vornehmen. Dieses gesetzgeberische Anliegen muss auch für die Ermessensentscheidung des Notars herangezogen werden und auch dann, wenn die auswärtige Beurkundung ausnahmsweise gestattet wäre. Es bleibt ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, das nur im Interesse der Urkundsbeteiligten durchbrochen wird. Diese Interessen der Beteiligten sind von dem Urkundsgewährungsanspruch der Rechtssuchenden nach § 15 Abs. 1 BNotO zu unterscheiden. Bei § 15 Abs. 1 BNotO geht es um den ungehinderten Zugang zu notariellen Dienstleistungen, während es in § 11 a Abs. 2 BNotO allein um die Erweiterung der dem Notar gestatteten Tätigkeit im Interesse der Beteiligten im Einzelfall geht. Hier darf der Notar im Interesse der Beteiligten unter engen Voraussetzungen tätig werden; dort muss er für die Beteiligten tätig werden, wenn ein Versagungsgrund nicht vorliegt. Eine mit dem Recht zur Beurkundung außerhalb des Amtsbereichs korrespondierende Pflicht nach § 15 BNotO, die Beurkundung auch vorzunehmen, ist daher abzulehnen. Beide Vorschriften regeln etwas ganz Unterschiedliches. Wird der Notar außerhalb seines Amtsbereichs tätig und verlangt die Besichtigung eine längere Anfahrt, besteht im Übrigen die Möglichkeit, dass andere Amtsgeschäfte durch eine längere Abwesenheit leiden, was ebenfalls im Einzelfall eine Ablehnung rechtfertigen könnte.