Das vorgefundene Zwischenergebnis führt – jedenfalls aus Sicht des Auskunftsberechtigten – nicht zu befriedigenden Lösungen. Das materielle Recht räumt ihm nach überwiegender Auffassung einen Anspruch auf Mitwirkung des Notars in den Räumen des Erblassers ein, das Verfahrensrecht hier in Form der BNotO verbietet jedenfalls in bestimmten Situationen eine Mitwirkung des Notars. Kann sich der Auskunftspflichtige – und mit ihm der Notar – auf § 275 BGB berufen und die Auskunft (evtl. sogar insgesamt) verweigern? Nach dem Grundsatz, dass das Verfahrensrecht als Folgerecht die Durchsetzung des materiellen Rechts ermöglichen soll, wird eine Verweisung auf § 275 Abs. 1 BGB sicher nicht möglich sein.[46]

Wie lässt sich also der Anspruch des Berechtigten durchsetzen? Hier bieten sich verschiedene Möglichkeiten an. Kann eine Hilfsperson einbezogen werden? Sollte ein zweiter Notar am Belegenheitsort der Sache einbezogen werden, wenn ja als Gehilfe? Oder soll der Anspruchsteller auf die Beanspruchung eines zweiten Verzeichnisses verwiesen werden?

[46] Nach OLG Koblenz RNotZ 2007, 414 muss der Auskunftsberechtigte bei der Erstellung mitwirken und kann sich nicht vertreten lassen – trifft dies zu, wäre etwa bei Demenz tatsächlich ein Fall des § 275 Abs. 1 BGB zu erwägen. Zum Verhältnis von Verfahrensrecht zum materiellen Recht neuerdings aA OLG Köln zur GbR Beschl. v. 13.12.2010 – Az 2 Wx 137/10.

1. Inanspruchnahme Dritter, insbes. eines weiteren Notars?

Der Notar könnte zunächst überlegen, Hilfspersonen in Anspruch zu nehmen, etwa den Hausmeister vor Ort um eine Bestandsaufnahme zu bitten. Eine solche Inanspruchnahme von Hilfspersonen wird aber für unzulässig gehalten.[47] Die Hinzuziehung Dritter stößt jedoch dort auf Bedenken, wo nicht sichergestellt ist, dass die gemachten Angaben auch tatsächlich so wie mitgeteilt sind. Wenn die Angaben des Erben nicht genügen, warum sollten dann die Angaben eines Dritten ausreichend sein, zumal nicht einmal klar ist, welche Konsequenzen eine fehlerhafte Mitteilung des Dritten haben würde. Möglicherweise wäre die Rechtsprechung großzügiger, wenn ein Notar um Mithilfe gebeten würde. Der "zweite Notar" ist dem Beurkundungsverfahren nicht fremd (vgl. etwa § 29 BeurkG). Der "zweite Notar" erfüllt allerdings in diesen Zusammenhängen die Funktion eines Zeugen[48], der selbst keine Beurkundungstätigkeit ausübt. Hier aber wäre der zweite Notar selbst auch beurkundende Person. Darf der zuerst beauftragte Notar die Wahrnehmungen des weiteren Notars übernehmen? Was wäre bei Unstimmigkeiten über das Verfahren der Aufnahme, wer wäre Kostenschuldner des zweiten Notars? Das Nebeneinander des eingeschalteten Notars und die jeweilige Abgrenzung der Verantwortlichkeit sind dabei nur einige Fragen, die bei dieser für das Beurkundungsverfahren beispiellosen Beurkundung durch mehrere Notare in derselben Angelegenheit unlösbar erscheinen.

Die Inanspruchnahme eines zweiten Notars durch den zuerst beauftragten Notar scheidet damit bereits deshalb aus, weil dieses Verfahren dem Beurkundungsgesetz fremd ist.

[47] OLG Düsseldorf, RNotZ 2008, 305, dazu Schreinert, aaO S. 70; für die Zulässigkeit der Inanspruchnahme Dritter, Staudinger/Haas, (Fn 16), § 2314 Rn 41; vgl. auch Braun, MittBayNot 2008, 354, der vor allem die Hinzuziehung von Mitarbeitern des Notars in Betracht zieht.
[48] Vgl, Baumann in Eylmann/Vaasen (Fn 3), § 29 BeurkG § Rn 5.

2. Eigenständiges Nachlassverzeichnis durch den zweiten Notar

In Betracht käme weiter die Möglichkeit, ein Teilverzeichnis für die Gegenstände im Bereich des Amtssitzes vorzunehmen und für weitere Feststellungen auf die Möglichkeiten der Erstellung weiterer Verzeichnisse zu verweisen. Dies setzt freilich voraus, dass überhaupt mehrere Teilverzeichnisse die Anforderungen an ein Verzeichnis erfüllen.

a) Möglichkeit des zweiten Nachlassverzeichnisses

Anders als die Inanspruchnahme eines zweiten Notars könnte die Errichtung des ergänzenden Verzeichnisses (eines zweiten Verzeichnisses) durch einen Notar am Belegenheitsort der Wohnung in Betracht kommen. Dass ein Nebeneinander zweier Verzeichnisse (Teilverzeichnisse) möglich ist, steht außer Frage.

b) Anspruch auf zweites Verzeichnis

Problematischer als die Möglichkeit der Ergänzung unvollständiger Verzeichnisse ist allerdings die Frage, ob der Auskunftsberechtigte überhaupt ein solches "zweites" amtliches Verzeichnis verlangen kann. Bei den oftmals "verhärteten Fronten" ist die Frage nach dem Anspruch auf ein zweites Verzeichnis sicher oft von zentraler Bedeutung. Der Auskunftspflichtige will erfahrungsgemäß nur das tun, wozu er auch gesetzlich verpflichtet ist, für die Mitwirkung an einem weiteren Verzeichnis wird er sich also nur bereit erklären, wenn er auch verpflichtet ist, ein entsprechendes Verzeichnis vorzulegen.

aa) Grundsatz ein Verzeichnis

§ 2314 Abs. 1 BGB verlangt zunächst nur die Erstellung eines Verzeichnisses. Ist der Auskunftsberechtigte der Meinung, das vorgelegte Verzeichnis sei unrichtig oder unvollständig, kann er vom Erben die Abgabe einer Versicherung an Eides statt (§ 2060 Abs. 2 BGB) verlangen,[49] auch kann er die Mängel des Verzeichnisses im Pflichtteilsprozess vortragen. Aus diesem Grunde wird der Anspruch auf Erteilung eines weiteren Verzeichn...

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