Häufig werden unstreitig formnichtige Testamente, z. B. ein maschinenschriftlich abgefasstes Testament, in Kenntnis der Ungültigkeit von den Beteiligten als gültig behandelt und ihr Inhalt dann vollzogen. Solcher Vertrag ist weder ein Erbvergleich, da ein gegenseitiges Nachgeben fehlt, noch ein Auslegungsvertrag, da nichts ausgelegt wird. Die Beteiligten sind sich vielmehr über die Unmöglichkeit des Vollzugs der Anordnungen im Testament von Rechts wegen einig; sie wollen eine Verpflichtung schaffen, wonach das Erbrecht oder ein Miterbenanteil von dem wirklichen (gesetzlichen oder aufgrund von Verfügung von Todes wegen berufenen) Erben auf den übertragen wird, der in der nichtigen Verfügung von Todes wegen als Erbe benannt ist.
Eine Verpflichtung zur Übertragung eines Erbteils kann nicht verbindlich in einem Anwaltsvergleich übernommen werden, weil dies eine Verpflichtung zur Abgabe einer Willenserklärung wäre (vgl. § 796 a Abs. 2 ZPO; s. o. Teil I 2 d). Soll ein dahingehender Mediationsvergleich geschlossen werden, so wird im Verfahren selbst die Erbteilsübertragung vorgenommen. Da die Form der §§ 2385, 2371 BGB einzuhalten ist, muss entweder nach Beendigung des Mediationsverfahrens früher oder später die notarielle Beurkundung erfolgen (s. o. Teil I 2 d) oder es wird vom Mediationsverfahren in ein schiedsrichterliches Verfahren gewechselt und dort ein "Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut" vergleichsweise veranlasst (s. o. Teil I Exkurs nach 2 e).
Handelt es sich von Rechts wegen um eine Alleinerbschaft, so kann diese nicht nach § 2033 BGB übertragen werden; es müssen vielmehr alle Erbschaftsgegenstände übertragen und die Nachlassverbindlichkeiten übernommen werden. Eine dahingehende Vereinbarung ist im Mediationsvergleich möglich; aus ihr kann gegebenenfalls vollstreckt werden (s. o. Teil I 1).
Im Allgemeinen wird hinsichtlich des Testamentsinhalts nicht differenziert, ob es bei dem nichtigen Testament um unwirksame Erbeinsetzung oder um ein bloßes unwirksames Vermächtnis geht. In der Rechtsprechung ging es stets um Erbeinsetzungen. Beinhaltet das nichtige Testament nur Vermächtnisse oder geht es nur um deren Durchführung auf der Grundlage eines Testaments, das im Übrigen auch Erbeinsetzungen behandelt, dann sollte man doch differenzieren. Es wird durch die Vereinbarung, das nichtige Testament hinsichtlich des Vermächtnisses als gültig zu behandeln, eine Verbindlichkeit geschaffen, nicht eine bestehende anerkannt. Dafür kann eine Gegenleistung zugesagt werden, es kann aber die Gültigkeitsvereinbarung auch nur aus Pietät und Takt gegenüber dem Erblasser oder aus Freundlichkeit eingegangen werden. Im ersten Fall, dem des Versprechens einer Gegenleistung, kann die Gültigkeitsvereinbarung grundsätzlich formlos eingegangen werden.
In einem nichtigen Testament wird der Kunstsammler K, ein Bruder des Erblassers, mit einem Gemälde bedacht, das dessen Sammlung komplettiert. K verspricht eine angemessene Summe für die Behandlung des Testaments als gültig.
Im Mediationsvergleich kann so ein Vergleich abgeschlossen werden, der auch vollstreckbar gestaltet werden kann, wenn die zur Eigentumsübertragung erforderlichen Willenserklärungen im Vergleich selbst abgegeben werden (s. o. Teil I 2 d).
Auch wenn man in der Zusage, ein nichtiges Vermächtnis zu erfüllen, ein wegen § 518 Abs. 1 BGB nichtiges Schenkungsversprechen erblickt (vgl. MüKo/Koch BGB, 6. Aufl. § 518 Rn 26), so ist dies durch den im Mediationsverfahren vorgenommenen Vollzug Gemäß §§ 929, 930 BGB (s. o. Teil I 2 d) wirksam (§ 518 Abs. 2 BGB).
4.6.1
Es soll das nichtige Vermächtnis über ein Seegrundstück nach dem Vertrag gegen Zahlung einer Summe als gültig behandelt werden.
Hier erfordert die Begründung der Verpflichtung zur Übertragung des "Vermächtnis"gegenstandes nach materiellem Recht (§ 311 b Abs. 1 BGB) die Einhaltung einer Form, sodass eine Übereinkunft, das Vermächtnis als gültig zu behandeln, wegen des Formerfordernisses im anwaltlichen Mediationsverfahren nicht vorgenommen werden kann (s. o. Teil I 2 e). Es kann freilich das Mediationsverfahren in ein schiedsrichterliches Verfahren übergeleitet werden, sodass dort ein formwahrender "Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut" möglich ist (s. o. Teil I Exkurs nach 2 e).