Ob lebzeitig ein vorweggenommener Zugewinnausgleich oder der Vermögensübergang erst im Rahmen der Erbfolge getätigt wird, führt schenkungsteuerlich/erbschaftsteuerlich (mit Ausnahme einer Verzinsung der Schenkungsteuer) durch die Vorschriften des § 5 Abs. 1 ErbStG iVm § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zum gleichen Ergebnis.
Eine besondere Problematik entsteht, wenn der "falsche" Ehepartner, nämlich der Zuwendungsempfänger, zuerst verstirbt.
Das folgende Beispiel 13 (wie auch das Beispiel 7) behandelt ausdrücklich nur die wörtliche Auslegung der BGB-Vorschriften. Ob die oben genannten BGH-Urteile für das Erbschaftsteuerrecht anzuwenden sind, ist zumindest weder durch Verwaltungsanweisungen noch durch Steuerrechtsprechung gesichert.
Beispiel 13
Das Ehepaar EM und EF lebten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. EF verstirbt. Bei beiden belief sich das Anfangsvermögen auf 0 EUR. Das Endvermögen betrug bei beiden 2.000.000 EUR. Während der Ehe schenkte EM an EF 2.000.000 EUR.
§ 5 Abs. 1 ErbStG berechnet sich (eigentlich) wie folgt:
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EF |
EM |
Endvermögen |
2.000.000 EUR |
2.000.000 EUR |
Anfangsvermögen |
0 EUR |
0 EUR |
Zugewinn |
2.000.000 EUR |
2.000.000 EUR |
Minderung vom |
- 2.000.000 EUR |
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Hinzurechnung zum Zugewinn |
+ 2.000.000 EUR |
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Zugewinn |
0 EUR |
4.000.000 EUR |
abzgl. Zugewinn EM |
- 4.000.000 EUR |
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übertsteigender Zugewinn EF (max.) |
0 EUR |
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hiervon 1/2 = Zugewinnausgleichsforderung EM (max.) |
0 EUR |
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Anrechnung (max.) |
0 EUR |
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verbleibende fiktive Ausgleichsforderung |
0 EUR |
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Werden nun auch die BGH-Urteile in die Berechnungsmethodik eingebaut, ergäbe sich, dass keinerlei Korrekturen nach den §§ 1374 und 1380 BGB erfolgen könnten. Das Beispiel wäre dann wie folgt zu lösen:
Beispiel 13 wie oben
§ 5 Abs. 1 ErbStG berechnet sich dann wie folgt:
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EF |
EM |
Endvermögen |
2.000.000 EUR |
2.000.000 EUR |
Anfangsvermögen |
0 EUR |
0 EUR |
Zugewinn |
2.000.000 EUR |
2.000.000 EUR |
Korrekturen |
0 EUR |
0 EUR |
Zugewinn |
2.000.000 EUR |
2.000.000 EUR |
abzgl. Zugewinn EM |
2.000.000 EUR |
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übersteigender Zugewinn EF (max.) |
0 EUR |
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hiervon 1/2 = Zugewinnausgleichsforderung EM (max.) |
0 EUR |
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Anrechnung (max.) |
0 EUR |
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Verbleibende fiktive Ausgleichsforderung |
0 EUR |
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Wählt man die Zahlen ein wenig anders, lässt sich ein nicht steuerbarer Erwerb nach § 5 Abs. 1 ErbStG errechnen. Eine vollständig befriedigende Lösung ergibt sich aber nicht.
Beispiel 14
Das Ehepaar EM und EF lebte im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. EF verstirbt. Bei beiden belief sich das Anfangsvermögen auf 0 EUR. Das Endvermögen betrug bei EF 2.000.000 EUR und bei EM 500.000 EUR. Während der Ehe schenkte EM an EF 2.000.000 EUR.
§ 5 Abs. 1 ErbStG berechnet sich (eigentlich) wie folgt:
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EF |
EM |
Endvermögen |
2.000.000 EUR |
500.000 EUR |
Anfangsvermögen |
0 EUR |
0 EUR |
Zugewinn |
2.000.000 EUR |
500.000 EUR |
Korrekturen |
0 EUR |
0 EUR |
Zugewinn |
2.000.000 EUR |
500.000 EUR |
abzgl. Zugewinn EM |
500.000 EUR |
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übersteigender Zugewinn EF (max.) |
1.500.000 EUR |
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hiervon 1/2 = Zugewinnausgleichsforderung EM (max.) |
750.000 EUR |
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Anrechnung (max.) |
0 EUR |
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Verbleibende fiktive Ausgleichsforderung |
750.000 EUR |
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Der verbleibende steuerbare Erwerb von EM (1.250.000 EUR) stammt hier immer noch aus "seiner Schenkung". Eine Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG in Bezug auf die lebzeitige Schenkung dürfte mE auch hier zu versagen sein, weil die unentgeltlichen Zuwendungen, die EM getätigt hat, nicht auf die Ausgleichsforderung nach § 5 Abs. 1 ErbStG angerechnet worden sind.
Anmerkung aus zivilrechtlicher Sicht:
Z. B. im Rahmen einer Scheidung wäre das Schlussergebnis "gerecht". Beide Ehegatten hätten nun 1.250.000 EUR, was auch eingetreten wäre, wenn die Schenkung nicht erfolgt wäre.
Der BGH zeigt in seinem Urteil vom 22.9.2010 eine andere zivilrechtliche Lösung auf, die auch steuerlich zum "gerechten" Ergebnis führen würde. Denn es könnte auch die Zuwendung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) angefochten und rückabgewickelt werden. Denn soweit die Geschäftsgrundlage die Vorwegnahme eines erbrechtlichen Erwerbs wäre, wäre dies durch den (vorzeitigen) Tod des Erwerbers nicht mehr zu erreichen. Ob im Einzelfall eine solche Argumentation schlüssig ist, obliegt für die Beweislast im Steuerrecht den Steuerpflichtigen. Wenn eine solche Rückabwicklung anerkannt werden kann, wäre der steuerliche Erwerb entsprechend zu mindern. Daneben würde die Schenkungsteuer für die Schenkung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit erlöschen. Denn § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG führt zum Erlöschen der Schenkungsteuer, soweit das Geschenk wegen eines Rückforderungsrechts herausgegeben werden musste. Die Rückforderung aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist ein gesetzliches Rückforderungsrecht.
Leichter und eindeutiger lassen sich die Fälle dann lösen, wenn die lebzeitigen Schenkungen mit vertraglichen Rückforderungsansprüchen versehen werden. Das Rückforderungsrecht des Schenkers müsste dann möglich sein, wenn der Beschenkte vor ihm verstirbt. Auch dies ist durch § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG abgedeckt. Der Schenker b...