An der Wirksamkeit der Bestellung des gesetzlichen Vertreters des Erben zum Testamentsvollstrecker über dessen Erbteil wurden bisher, soweit ersichtlich, auch in der Literatur keine Zweifel geäußert, obwohl auch hier, wie bei der Ernennung des Vorerben, ein "Interessenwiderstreit" des Testamentsvollstreckers denkbar ist und seine "Beaufsichtigung" gefährdet erscheint. Dies gilt insbesondere, da der Testamentsvollstrecker gegenüber dem Erben rechenschaftspflichtig ist und diese Rechenschaftspflicht praktisch entfällt, wenn der Testamentsvollstrecker zugleich gesetzlicher Vertreter des Erben ist.[51]

Stattdessen wurde im Gleichklang mit der dazu ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung lediglich die Frage diskutiert, ob die gesetzliche Vertretung nach den §§ 1795 Abs. 2, 181 BGB oder jedenfalls nach § 1796 BGB generell ausgeschlossen sei, und daher ein Ergänzungspfleger zur Überwachung des Testamentsvollstreckers zu bestellen sei.[52]

Die Entscheidung des BGH wurde in der überwiegenden Literatur positiv[53] aufgenommen. Behindertentestamente und ähnliche Gestaltungen, bei denen die Testamentsvollstreckung im Interesse des Erben erfolge, seien nun ohne die schwer vermittelbare Hinzuziehung Dritter als Ergänzungspfleger gestaltbar und vollziehbar.[54] In weiten Teilen der Literatur wird die Entscheidung des BGH jedoch vorsichtig umgesetzt und empfohlen, wegen der drohenden Ungewissheit, ob es nicht im Einzelfall doch zu einer Bestellung eines Ergänzungspflegers komme, für diesen Fall eine andere Person als den gesetzlichen Vertreter zum Testamentsvollstrecker zu bestellen.[55]

Lediglich vereinzelt wurde schroffe Kritik an der Entscheidung laut, der zufolge die Kontrolle des zum Testamentsvollstrecker ernannten gesetzlichen Vertreters durch einen Ergänzungspfleger zum Schutz der Erben unerlässlich sei.[56]

[51] Nach § 1640 BGB müssen allerdings die Eltern ein Vermögensverzeichnis errichten.
[52] Zum Streitstand vor der BGH-Entscheidung vgl. Bonefeld, ZErb 2007, 2, der dort (S. 3) die Ansicht, dass kein genereller Vertretungsausschluss bestehe, bereits als "herrschend" bezeichnet.
[53] Litzenburger, FD-ErbR 2008, 261034; verhalten positiv Muscheler, ZEV 2008, 332, Bengel/Reimann/Bengel/Dietz, Rn 417, die mehr Klarheit zu der Frage wünschen, in welchen Fällen die Bestellung eines Ergänzungspflegers droht. Gegen die generelle Anordnung der Ergänzunngspflegschaft auch Mayer/Bonefeld, § 42 Rn 14; Bengel/Reimann, Kap. 2 Rn 188 a ff.
[54] Litzenburger, FD-ErbR 2008, 261034.
[55] Bengel/Reimann, Kap. 2 Rn 189b, empfiehlt die Bestellung eines Mitvollstreckers; Nieder/Kössinger, § 15 Rn 30, rät zur Vermeidung der Doppelfunktion.
[56] Statt aller vgl. die polemische Anm. v. Zimmermann, FamRZ 2008, 1156, 1158, wonach die Entscheidung des BGH dazu führe abzuwarten, "bis es [das Kind in den Brunnen] hineingefallen ist." Dass ein Testamentsvollstrecker die Belange des Erben wahre, sei "angesichts des Interessengegensatzes also nicht möglich (...) Der Vater mag das Beste für sein Kind wollen; das besagt noch nicht, dass er es auch kann." Die Anmerkung beruht offenbar auf der Annahme, dass staatliche Überwachung den unternehmerischen Erfolg des Testamentsvollstreckers begünstige.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge