Leitsatz
Stirbt ein Betreuter, kann ein von seiner Ehefrau geführtes Beschwerdeverfahren gegen die Betreuerbestellung grundsätzlich nicht mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Betreuungsmaßnahme fortgesetzt werden. Daran ändert auch die Stellung als Alleinerbin des Betroffenen nichts, weil dessen Anspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG auf effektiven Rechtsschutz höchstpersönlicher Natur ist und deshalb nicht Gegenstand des Erbrechts der Beschwerdeführerin sein kann.
KG Berlin, Beschluss vom 9. Juni 2009 – 1 W 299/07
Aus den Gründen
Die weitere Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, worauf die Nachprüfung durch das Gericht der weiteren Beschwerde beschränkt ist, §§ 27 Abs. 1, 546 ZPO.
Das Landgericht hat die Erstbeschwerden als unzulässig verworfen, weil allenfalls dem Betroffenen selbst ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung einer erledigten Betreuungsmaßnahme habe zustehen können. Der Erbe oder eine nach § 69g Abs. 1 FGG beschwerdeberechtigte Person seien zur Erhebung einer Beschwerde mit dem Ziel der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer erledigten Betreuungsmaßnahme dagegen nicht berechtigt.
Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Fortsetzung eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens zum Zwecke der Feststellung der Rechtswidrigkeit ist im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht vorgesehen (Kahl, in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 19, Rn 86; Briesemeister, in: Jansen, FGG, 3. Aufl., § 19, Rn 33). Deshalb führt die Erledigung einer angefochtenen Maßnahme regelmäßig zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels (OLG Köln, FGPrax 2009, 69, 70). Hier haben sich die angefochtenen Maßnahmen erledigt. Das Vormundschaftsgericht hat den Beschluss über die vorläufige Betreuerbestellung im Rahmen seiner Entscheidung in der Hauptsache aufgehoben. Das Betreuungsverfahren ist insgesamt durch den Tod des Betroffenen beendet worden (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl., § 1908 d, Rn 1). Wegen der erledigenden Ereignisse konnten die von der Beschwerdeführerin im eigenen Namen gegen die Betreuerbestellung im Verfahren der einstweiligen Anordnung und im Hauptsacheverfahren sowie gegen die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers gerichteten Beschwerden nicht mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Betreuungsmaßnahmen aufrechterhalten werden.
Ein von der Rechtsprechung anerkannter Ausnahmefall lag nicht vor. So kann die Annahme eines Rechtsschutzinteresses trotz Erledigung der Hauptsache in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe geboten sein (BVerfG, NJW 1998, 2432; 2002, 2456; ZIP 2008, 2027; BtPrax 2009, 27, 28). In Bezug auf die Beschwerdeführerin fehlt es an einem solch tief greifenden Grundrechtseingriff. Sie ist durch keine der angegriffenen Entscheidungen in eigenen Rechten betroffen worden, vgl. § 20 Abs. 1 FGG. Ihre ursprüngliche Beschwerdeberechtigung beruhte ausschließlich auf ihrer Stellung als Ehefrau des Betroffenen, §§ 69g Abs. 1 S. 1, 69 i Abs. 1 S. 1 FGG, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat. Nach Beendigung der Betreuung ist eine Beeinträchtigung dieser Rechtsstellung nicht mehr gegeben. Eine Rechtsbeeinträchtigung im Sinne des § 20 Abs. 1 FGG ergibt sich auch nicht, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, aus der Bestellung eines Betreuers mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge und damit – auch – für Angelegenheiten, für die sie die Geschäftsführungsvollmacht des Betroffenen vom 31. Oktober 2005 erhalten hatte. Dies folgt schon aus der Widerruflichkeit der Vollmacht, deren Entzug oder Einschränkung für den Bevollmächtigten – im Gegensatz zum Vollmachtgeber (vgl. BVerfG, BtPrax 2009, 27) – keinesfalls einen tief greifenden Grundrechtseingriff darstellen kann (vgl. BayObLG, FGPrax 2003, 171, 712; Beschluss vom 16. Oktober 2003 – 3Z BR 163/03; Juris).
Es war auch nicht rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht es dahinstehen gelassen hat, ob die Betreuerbestellung für den Betroffenen, dessen Erbin die Beschwerdeführerin geworden ist, einen tief greifenden Grundrechtseingriff bedeutete (vgl. BVerfG, NJW 2002, 206). Allerdings hat dies das Bundesverfassungsgericht in einer jüngeren Entscheidung bejaht (BtPrax 2009, 27, 28). Hierauf kommt es aber nicht an. Die Zulässigkeit eines Feststellungsbegehrens setzt nicht allein einen tief greifenden Grundrechtseingriff voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Rechtsschutzinteresse in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe dann zu bejahen, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt erledigt hat, eine Sachentscheidung nach dem typischen Verfahrensablauf aber in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu erlangen war (BVerfG, aaO, 28). Das Feststellungsinteresse folgt danach letztlich aus dem Anspruch des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG. Dieses Recht ist aber höchstpersönlicher Natur und deshalb nicht vererbbar (vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dür...