Leitsatz
Das Nachlassgericht ist ebensowenig wie das Beschwerdegericht befugt, im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in die Amtsführung des Testamentsvollstreckers einzugreifen. Daher kann es keine einstweilige Anordnung erlassen.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24. August 2012 – 11 Wx 88/12
Sachverhalt
Der Beteiligte zu 1 wendet sich gegen die Zurückweisung seines Antrags, dem als Testamentsvollstrecker eingesetzten Beteiligten zu 2 im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, das zum Nachlass gehörende Erbbaurecht …-straße in Heidelberg zu veräußern. Der Beteiligte zu 1 ist Alleinerbe der am 12.7.2006 verstorbenen Erblasserin, der Beteiligte zu 2 ist für die Dauer von 7 Jahren ab dem Todestag zum Testamentsvollstrecker eingesetzt. Der Beteiligte zu 1 hat die Entlassung des Beteiligten zu 2 als Testamentsvollstrecker wegen pflichtwidriger Amtsführung beantragt. Gegen die diesen Antrag zurückweisende Entscheidung des Nachlassgerichts ist beim Senat (Az 11 Wx 6/12) seit dem 24.1.2012 ein Beschwerdeverfahren anhängig.
Mit Schreiben vom 1.6.2012 an den Beteiligten zu 1 teilte der Beteiligte zu 2 mit, dass er sich entschlossen habe, das Erbbaurecht zu verkaufen. Ihm liege das Angebot des Interessenten vor, der für den Kauf des Objekts einen Kaufpreis von 1,89 Mio. EUR bezahlen wolle. Er halte den Verkauf des Anwesens für wirtschaftlich zwingend notwendig. Das Schreiben enthält nähere Angaben zu den aus der Vermietung des Gebäudes erzielten Einnahmen, zu anstehenden Reparaturarbeiten sowie zum Verkehrswert des Gebäudes. Mit Schriftsatz vom 15.6.2012 hat der Beteiligte zu 1 bei dem Nachlassgericht beantragt, dem Beteiligten zu 2 im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, das Erbbaurecht zu veräußern. Der Verkauf widerspreche dem Erblasserwillen und sei auch nicht erforderlich; die Zins- und Tilgungsleistungen für die Verbindlichkeiten könnten aus den Mieteinnahmen gedeckt werden. Der Beteiligte zu 1 habe seine Zustimmung zum Verkauf des Erbbaurechts nicht erklärt.
Das Nachlassgericht hat den Antrag mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Das Nachlassgericht sei für einstweilige Anordnungen im Rahmen des Entlassungsverfahrens nicht mehr zuständig, da das Entlassungsverfahren bereits in 2. Instanz anhängig sei. Der Entlassungsantrag habe im Übrigen auch keine Erfolgsaussichten, weshalb es an einem wichtigen Grund, der eine einstweilige Anordnung rechtfertigen könne, fehle. Gegen diese Entscheidung (...) richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1 . (...)
Aus den Gründen
Die nach § 58 Abs. 1 FamFG zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Nachlassgericht hat es zu Recht abgelehnt, dem Testamentsvollstrecker im Wege der einstweiligen Anordnung den Verkauf des Erbbaurechts zu untersagen.
Dem Beschwerdeführer, der sich mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das Gericht erster Instanz gewandt hatte, macht mit der Beschwerde ausdrücklich nicht mehr geltend, dass das Nachlassgericht für die Entscheidung über den Antrag zuständig gewesen wäre; er vertritt nunmehr die Auffassung, dass es dem Nachlassgericht von vornherein an seiner Zuständigkeit gemangelt habe und es den Antrag daher von Amts wegen an das OLG Karlsruhe hätte verweisen müssen. Ob das zutreffend ist, bedarf keiner Vertiefung. (...) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nicht in Betracht, weil das Nachlassgericht ebensowenig wie das Beschwerdegericht befugt ist, im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in die Amtsführung des Testamentsvollstreckers einzugreifen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung würde nach dem Zweck dieses Verfahrens voraussetzen, dass das Nachlassgericht in einem Hauptsacheverfahren befugt wäre, dem Testamentsvollstrecker eine bestimmte Handlung – hier die Veräußerung eines zum Nachlassvermögen gehörenden Gegenstandes – zu untersagen. Dafür fehlt es aber an einer gesetzlichen Grundlage.
aa) Da der Testamentsvollstrecker sein Amt und seine selbstständige Rechtstellung vom Erblasser ableitet, führt das Nachlassgericht keine Aufsicht über die Verwaltung des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker (vgl. J. Mayer in BeckOK, BGB, Edition 23, § 2197, Rn 9). Anders als etwa in § 1837 Abs. 2 Satz 1 BGB für den Vormund angeordnet ist, sieht das Gesetz eine allgemeine Kontrolle der Arbeit des Testamentsvollstreckers nicht vor; eine solche gerichtliche Kontrolle könnte nicht einmal vom Erblasser wirksam angeordnet werden (vgl. Zimmermann in: MüKo BGB, 5. Aufl., § 2205, Rn 13). Das Gesetz hat das Testamentsvollstreckerrecht vielmehr so ausgestaltet, dass es eine Kontrolle durch präventive Maßnahmen nicht vorgesehen hat, sondern dem Nachlassgericht nur die Möglichkeit eingeräumt hat, einen pflichtwidrig handelnden Testamentsvollstrecker zu entlassen.
bb) Fehlt es aber an einem Aufsichtsrecht des Nachlassgerichts, ist dieses auch nicht befugt, durch endgültige Anordnungen oder ihnen vorgelagerte einstweilige Anordnungen in die Verwaltung des Nachlasses dadurch einzugreifen, dass einzelne Handlungen geboten oder untersagt...