Fall 5[74] Wie Fall 4. Zu Nacherben sind die Abkömmlinge des Vorerben nach gesetzlicher Erbregel, wie wenn der Erblasser zum Zeitpunkt des Nacherbfalls gestorben wäre, eingesetzt. Beide Söhne stimmen der Übertragung des Grundstücks auf die Tochter zu.

[74] In Anlehnung an OLG München NJW-RR2014, 1161.

a) Abstrakter Nacherbe und weitere mögliche Mitnacherben

Entsprechend den Ausführungen zu Fall 4 ist davon auszugehen, dass die Zustimmung der beiden Söhne sowie der durch die Verfügung begünstigten Tochter ausreicht ohne dass eine Zustimmung der weiteren Abkömmlinge der Söhne und der Tochter erforderlich ist. Diese haben nur die Stellung von Ersatznacherben, sodass sich die Bestellung eines Pflegers insoweit erübrigt. Dies gilt aber nicht für diejenigen Nacherben, denen bei Eintritt des Nacherbfalls eine Miterbenstellung neben den derzeit existenten Kindern des K zukommen würde.

Sind die "Abkömmlinge" des Vorerben als Nacherben eingesetzt, so gehören nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch Adoptivkinder dazu.[75] Wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, das der Erblasser entgegen dem Wortlaut des Testaments nur leibliche Kinder einsetzen wollte, können daher bis zum Ableben des Vorerben durch eine Adoption, die keinen zeitlichen oder biologischen Grenzen unterliegt, noch jederzeit Nacherben hinzukommen.[76] Die Zustimmung dieser unbekannten Nacherben hat dann durch einen Pfleger gem. § 1913 BGB zu erfolgen. Eine Pflegerbestellung samt dessen Zustimmung wird nur dann für entbehrlich gehalten, wenn neben den vorhandenen Nacherben ein Hinzutreten weiterer Nacherben ausgeschlossen ist.[77] Die Rechtsprechung des BGH führt konsequenterweise auch dazu, dass anders als nach der früher hM die Zustimmung allein des Pflegers nicht mehr ausreichend ist, sondern daneben zusätzlich die Zustimmung aller derzeit vorhandenen Kinder des K zur Löschung des Nacherbenvermerks aufgrund der Unrichtigkeit (§ 22 GBO) notwendig erscheint.

[75] Vgl. etwa MüKo/Leipold, BGB, 6. Aufl. 2013, § 1924 Rn 3.
[76] Vgl. OLG München NJW-RR 2014, 1161, 1162 mwN.
[77] Z. B. wegen Alter bei Einsetzung leiblicher Kinder, siehe OLG Hamm NJW-RR 1997, 1095; OLG Köln BeckRS 2011, 10906.

b) Gerichtliche Genehmigung

Bei Grundstücksgeschäften bedarf die Zustimmung des Pflegers nach § 1913 BGB einer betreungsgerichtlichen Genehmigung (§§ 1915 Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Bezüglich deren Erteilung ist zu beachten, dass alleinige Richtschnur für die Entscheidung über die Genehmigung das Interesse des Pfleglings und damit der (noch) nicht existierenden Nacherben, wie es sich zur Zeit der Entscheidung darstellt, ist. Das BayObLG[78] weist darauf hin, dass das Interesse der noch nicht existierenden Nacherben nur darauf gerichtet sein muss, im Zeitpunkt des Nacherbenfalls den ihnen zustehenden Anteil am Nachlass zu erhalten und bis zu diesem Zeitpunkt in ihrer Stellung bestmöglich gesichert zu sein. Dies ist hinsichtlich des Verkaufserlöses als Surrogat eines Grundstücksgeschäfts fraglich, selbst wenn der zu erzielende Kaufpreis besonders günstig sein sollte. Angesichts der leichten Verfügbarkeit und des Fehlens jeglicher Sicherheit gegen Verfügungen der Vorerben über das Kapital ist er nicht als gleichwertig wie die Immobilie selbst und deren Absicherung durch Eintragung eines Nacherbenvermerks einzustufen. Sofern nicht weitere Aspekte hinzutreten, wie z. B. ein Substanzverlust oder eine drohende Substanzgefährdung einer Immobilie, muss damit gerechnet werden, dass die erforderliche Genehmigung versagt wird.[79] Trotz Zustimmung der bestehenden Kinder und Einigkeit innerhalb der Familie ist daher zu bedenken, dass bei der Einsetzung von Abkömmlingen als Nacherben ohne genauere namentliche Bezeichnungen ein Zugriff und eine Verwertung des Familienvermögens ggf. verhindert sein kann.

[78] NJW-RR 2003, 649, 652.
[79] In einem Fall des Autors konnte die Genehmigung mit der Auflage erreicht werden, dass der Verkaufserlös vom Pfleger verwaltet wird und nur zum Erwerb einer anderen Immobilie freigegeben werden kann.

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