Recht so, der BFH hat richtig entschieden. Dies gilt sowohl für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "unverzügliche Selbstnutzung" als auch im Hinblick auf den Übergang der (anteiligen) Begünstigung auf einen von mehreren Miterben.
Der unverzügliche Beginn der Selbstnutzung (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 c S. 1 ErbStG) war im vorliegenden Revisionsverfahren von vornherein nicht streitig. Nichtsdestotrotz ist es erfreulich, dass der BFH die Gelegenheit genutzt hat, klarzustellen, dass auch bei einem Verstreichen von mehr als sechs Monaten zwischen dem Erbfall und dem Einzug des Steuerpflichtigen in das Familienheim eine unverzügliche Selbstnutzung nicht ausgeschlossen ist. Zwar obliegt nach Auffassung des BFH dem Steuerpflichtigen in diesen Fällen eine entsprechende Darlegungslast. Nichtsdestotrotz sieht das Gericht durchaus die Möglichkeit, steuerlich anzuerkennende Gründe für eine längere Verzögerung des Einzugs in das Familienheim vorzubringen. Maßgeblich ist dabei insbesondere der Aspekt der Verursachung der Verzögerung. Denn unschädlich ist ein verspäteter Einzug – mit Recht – nur dann, wenn er auf Umstände zurückzuführen ist, die dem Einflussbereich des begünstigten Erwerbers entzogen sind. Das gesetzliche Petitum der "Unverzüglichkeit" ist nur erfüllt, wenn der Erwerber ohne "schuldhaftes Zögern" (vgl. § 121 Absatz 1 S. 1 BGB) in das Familienheim einzieht. Demzufolge kann ein verzögerter Einzug nur dann steuerlich unschädlich sein, wenn der Erwerber für diese Verzögerung nicht verantwortlich ist. Dies hat der BFH zutreffend herausgearbeitet.
So wichtig das Tatbestandsmerkmal der unverzüglichen Selbstnutzung im Bereich von § 13 Abs. 1 Nr. 4 c S. 1 ErbStG auch ist, so wenig spielt es im Bereich von § 13 Abs. 1 Nr. 4 c S. 4 ErbStG eine Rolle. Denn der sog. Begünstigungstransfer auf denjenigen Erwerber, der im Rahmen der Erbauseinandersetzung einen über seine Erbquote hinausgehenden Eigentumsanteil an dem Familienheim erwirbt (und dafür anderes zum Nachlass gehörendes, nicht begünstigtes Vermögen hingibt), hängt nach dem Wortlaut des Gesetzes gerade nicht von einer – wie auch immer ausgestalteten – zeitlichen Komponente ab. So ist insbesondere eine zeitnah zum Erbfall erfolgende Erbauseinandersetzung gerade nicht Tatbestandsmerkmal von § 13 Abs. 1 Nr. 4 c S. 4 ErbStG. Vielmehr kommt es allein darauf an, dass die anteilige Eigentumsübertragung am Familienheim im Rahmen der Erbauseinandersetzung stattfindet – wann auch immer diese erfolgt.
Rechtsanwalt Dr. Christopher Riedel, Düsseldorf
ZErb 12/2015, S. 379 - 383