Unter der Voraussetzung, dass der maßgebliche Wert des Erwerbs (also nach einer etwa gebotenen Zusammenrechnung mit anderen Erwerben innerhalb eines Zehnjahreszeitraums) den Betrag von 90 Mio. EUR nicht übersteigt, hat der Steuerpflichtige die Wahl zwischen der Anwendung eines nach Maßgabe von § 13 c ErbStG abgeschmolzen Verschonungsabschlags oder der sog. Verschonungsbedarfsprüfung (§ 28 a ErbStG).

Bei der Abschmelzung vermindert sich der zu gewährende Verschonungsabschlag entsprechend dem den Grenzwert von 26 Mio. EUR übersteigenden Wert, und zwar jeweils um 1 %-Punkt je volle 750.000 EUR. Rechnerisch lässt sich dies wie folgt ausdrücken:

 
  Rechenschema   Beispiel
  Wert des Erwerbs   32.300.000 EUR
./. 26 Mio. EUR ./. 26.000.000 EUR
  Übersteigender Wert   6.300.000 EUR
÷ 750.000 ÷ 750.000
= Faktor = 8,4
  Abrundung   8
= Abschmelzung = 8 %
  Regulärer Verschonungsabschlag   85 %
./. Abschmelzung ./. 8 %
  Verbleibender Verschonungsabschlag   77 %

Im Ergebnis läuft dieses Rechenschema darauf hinaus, dass im Fall der Regelverschonung der Verschonungsabschlag ab einem Erwerb im Wert von 89.750.000 EUR vollständig, also auf 0 %, abgeschmolzen ist. Für den Fall der Optionsverschonung regelt § 13 c Abs. 1 S. 2 ErbStG, dass ein Verschonungsabschlag ab einem Erwerb von begünstigtem Vermögen in Höhe von 90 Mio. EUR nicht mehr gewährt wird.

Gemäß § 13 c Abs. 2 ErbStG sind im Fall der Abschmelzung die Vorgaben des § 13 a Abs. 3 bis 9 ErbStG (insbesondere Lohnsummen- und Behaltensanforderungen) allesamt entsprechend anzuwenden. Soweit der die Begünstigung in Anspruch nehmende Erwerber von demselben Erblasser/Schenker innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren mehrere Zuwendungen begünstigten Vermögens erhält, hat für jede dieser Zuwendungen eine erneute Überprüfung stattzufinden. Sämtliche in den jeweiligen Zehnjahreszeitraum fallenden Zuwendungen sind hierzu zusammenzurechnen. Dies kann dazu führen, dass für einen früheren Erwerb (nach dem 30.6.2016) die Voraussetzungen der bislang gewährten Regel- bzw. Optionsverschonung (nachträglich) wegfallen. In diesem Fall wird auch für den/die betroffenen früheren Erwerbe der abgeschmolzene Verschonungsabschlag gewährt, es sei denn, für diesen (einen) früheren Erwerb wurde ein Antrag auf Durchführung der Verschonungsbedarfsprüfung (§ 28 a ErbStG) gestellt.

Wie in Fällen vorzugehen ist, in denen durch die Hinzurechnung des jüngsten Erwerbs die Schwelle von 90 Mio. EUR überschritten wird, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz nicht. Logischerweise muss aber in solchen Fällen der Verschonungsabschlag (rückwirkend) für sämtliche innerhalb des relevanten Zehnjahreszeitraums liegenden Zuwendungen entfallen. Konsequenterweise müsste dann auch insoweit ein Antrag auf Durchführung der Verschonungsbedarfsprüfung zulässig sein. Dies ist allerdings zweifelhaft, da § 13 c Abs. 2 S. 6 ErbStG ausdrücklich klarstellt, dass ein Antrag nach § 13 c Abs. 1 ErbStG (Abschmelzung) unwiderruflich ist (und somit einen Antrag auf Verschonungsbedarfsprüfung ausschließt, § 28 a Abs. 8 ErbStG). Diese Klippe ließe sich bestenfalls dadurch umschiffen, dass ein in einem früheren Steuerfestsetzungsverfahren gestellter Antrag durch die später erfolgte weitere Zuwendung (automatisch) seine Gültigkeit verlöre. Eine solche Unterstellung wäre allerdings nur dann sachgerecht, wenn es infolge der Zusammenrechnung zu einem Wegfall der bisherigen Verschonungsvoraussetzungen für die frühere Zuwendung kommt. Wie die Finanzverwaltung mit dieser Fragestellung umgehen wird, ist bislang vollständig offen.

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