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In Teil 2 des Beitrags wurde u. a. versucht zu zeigen, daß sich für den Testamentsvollstrecker bei der Frage, ob eine Erblasseranordnung aufgehoben oder inhaltlich korrigiert werden soll, Letzteres sogar gebieten kann. Denn nur das Weiterbestehen der Erblasseranordnung gemäß § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB, die über § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB "nur" inhaltlich korrigiert wurde, kann im Gegensatz zur bloßen Aufhebung für den Testamentsvollstrecker von zentraler Bedeutung sein: Sowohl die Verwaltung des Nachlasses wie auch dessen Schutz vor Ansprüchen Dritter wird damit perpetuiert bzw. erst hergestellt. Dazu werden nun abschließend Fragen zu Bindungswirkung und Rechtskraft sowie Verfahrensfragen erörtert, bevor der Beitrag mit einem Formulierungsvorschlag zu einem Korrekturantrag – bzw. -beschluss – endet.
C. Antragsbindung und Verfahrensfragen – Bindungswirkung und Entscheidungshoheit
I. Antragsbindung und -verfahren bei § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB
Bleibt es mit der herrschenden Meinung auch für den Korrekturantrag dabei, dass das Gericht ihn nur ablehnen oder ihm stattgegeben kann? Denn die Aussage, das Gericht könne nicht selbst eine eigene Regelung treffen, wird, wie wir gesehen haben, oft verbunden mit der weiteren, dass das Gericht den Antrag nur ablehnen oder ihm zustimmen könne.
Der Antrag gemäß § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB ist ein Sachantrag im Sinne des FamFG. Begehrt wird vom Gericht im Antragsverfahren ein materiell-rechtlich gestaltender Rechtsfolgenausspruch, eine Sachentscheidung. Das Gericht kann daher "dem Antrag ganz oder teilweise entsprechen oder ihn zurückweisen …, nicht aber über den Antrag hinausgehen oder dem Antragsteller etwas anderes als beantragt zusprechen," vor allem, wenn "Vermögensinteressen der Beteiligten im Vordergrund stehen und diese zumindest eine eingeschränkte Befugnis über den Verfahrensgegenstand haben." Denn Sachanträge dienen der "Verwirklichung des materiellen Rechts", ohne dass dem Gericht bei der Wahrnehmung dieses subjektiven Gestaltungsrechts ein Ermessen zukommt, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen muss die Entscheidung ergehen.
Über die Frage der Antragsbindung entscheidet also das materielle Recht – und in unserem Fall verleiht das materielle Recht sogar eindeutig mehr als eine nur "eingeschränkte Befugnis über den Verfahrensgegenstand": denn das Antragsverfahren nach § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB verleiht dem Nachlassgericht gerade keine Kontrollbefugnisse über den Testamentsvollstrecker, s. o. Abschnitt B.V., Teil 1. Das "Nachlassgericht ist nicht zur Überwachung der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers berufen und auch nicht ermächtigt, in seine Amtsführung einzugreifen, sondern kann nur in den gesetzlich bestimmten Fällen tätig werden", wozu auch § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB gehört, das Verfahren an sich verleiht dem Gericht kein allgemeines Aufsichtsrecht. Es darf daher dem Antrag, welcher Nachlassbeteiligter ihn auch immer stellen mag, nur gänzlich stattgeben oder ihn ablehnen, nicht über ihn hinausgehen, ihm teilweise stattgeben oder gar etwas anderes als beantragt regeln. In diesem Zusammenhang bleibt es also bei der herrschenden Meinung, dass das Gericht den Antrag nur ablehnen oder ihm zustimmen kann. Entscheidend ist indes, dass der Korrekturantrag überhaupt gestellt werden kann und das Gericht über ihn entscheiden muss.
Will das Gericht dem Antrag nicht folgen, muss es i. Ü. vorher den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG) und die Mitwirkung nach § 27 FamFG beachten, im Rahmen von § 28 FamFG u. a. auf sachdienliche Anträge hinwirken und vor der Entscheidung dem Beeinträchtigten gemäß § 37 Abs. 2 FamFG rechtliches Gehör gewähren. Der Testamentsvollstrecker kann also auch noch während des Verfahrens reagieren, z. B. mit einer Antragsänderung oder -rücknahme.
Ist der Testamentsvollstrecker dadurch dem Korrekturantrag eines querulatorischen Erben, der ihm dadurch in die Arbeit hineinreden will, schutzlos ausgeliefert? Denn das Gericht ist ja, wie wir gesehen haben, an den Antrag gebunden, wenn es ihm stattgeben will.
Der Testamentsvollstrecker kann beruhigt sein. Das materielle Recht schützt ihn davor, dass das Gericht die Sache des querulatorischen Erben auch zu seiner eigenen macht, der BGH entschied dies gerade mit Blick auf die Erben unmissverständlich. Das Gericht muss – ohne Aufsichts- und Weisungsrecht gegenüber dem Testamentsvollstrecker – die Entscheidungshoheit des Testamentsvollstreckers auch gegenüber Dritten beachten. Sofern der Erblasser nichts anderes bestimmt hat, ist der "Wille der Erben für den Testamentsvollstrecker unmaßgeb- lich, und der weite Ermessensspielraum des Testamentsvollstreckers bei der ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung sind rechtliche Grenzen und hohe Hürden gesetzt, die das Gericht auch in solchen Fällen zu beachten hat."
Wenn ein Antrag von einem der anderen Beteiligten gestellt wird, die dazu berechtigt sind, ist der Testamentsvollstrecker i. Ü. zwingend zu beteiligen gemäß § 7 Abs. 1 FamFG, kann reagieren und neben dem Ablehnungsantrag auch einen weiteren eigenen Antrag stellen.