Erfolgte keine ausdrückliche Zuweisung von Gewinnen und Gewinnvorträgen von GmbH und lässt sich auch durch Auslegung nicht bestimmen, dass es dem Erblasserwillen entspricht, dem Vermächtnisnehmer den anteiligen laufenden Gewinn sowie etwaige Gewinnvorträge zuzuwenden, richtet sich die Verteilung hingegen nach den allgemeinen rechtlichen Grundsätzen, insbesondere nach § 101 Nr. 2 BGB.
Geht die Berechtigung während eines Abrechnungsabschnittes auf einen anderen über, in diesem Fall vom Erben auf den Vermächtnisnehmer, so steht der Anspruch auf die Gewinnanteile zwar in voller Höhe dem Vermächtnisnehmer als Rechtsnachfolger zu, da dieser im Zeitpunkt der Fälligkeit berechtigt ist. Er hat jedoch nach § 101 Nr. 2 Hs. 2 BGB dem Erben als Rechtsvorgänger die Früchte anteilig in der Höhe herauszugeben, wie dies dem Anteil entspricht, der von dem gesamten Abrechnungsabschnitt auf die Dauer der Berechtigung des Rechtsvorgängers entfällt. § 101 Nr. 2 BGB regelt in diesem Zusammenhang den schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch zwischen Vermächtnisnehmer und Erbe, durch den die zeitliche Aufteilung erfolgt. Eine solche zeitliche Aufteilung der Gewinne auf die beiden Berechtigten, nämlich den Erblasser und den Vermächtnisnehmer, ist immer dann vorzunehmen, wenn die Gewinnanteile tatsächlich gezogen werden und nicht etwa bspw. in die Rücklagen eingestellt werden.
Dieser Grundsatz erstreckt sich auch auf sogenannte Gewinnvorträge. Hierunter ist das Ergebnis nicht ausgeschütteter Gewinne zu verstehen, die weder in die Gewinnrücklagen eingestellt und noch zur Verteilung unter den Gesellschafter bestimmt sind. Denn nach § 29 Abs. 2 GmbHG können die Gesellschafter im Gewinnverwendungsbeschluss einen Betrag als Gewinn auf das nächste Geschäftsjahr vortragen. Durch den jeweiligen Gewinnverwendungsbeschluss entsteht damit aber nur eine kurzfristige Bindung, weil der Gewinnvortrag mit dem Ergebnis des nächsten Geschäftsjahres im Rahmen des dann vorzunehmenden Gewinnverwendungsbeschlusses erneut zur Disposition der Gesellschafter steht. Anders als bei der Einstellung in die Gewinnrücklage ist es hierbei dann nicht notwendig, durch Beschluss eine solche aufzulösen.
Eine Fruchtziehung hinsichtlich von Gewinnvorträgen findet insofern also nicht im Jahr der Gewinnentstehung, sondern im Jahr der endgültigen Gewinnverwendung statt. Die Ausgleichspflicht gem. § 101 Nr. 2 Hs. 2 BGB entsteht aus diesem Grund erst, aber zugleich dann, wenn Gewinnvorträge ausgeschüttet werden und damit eine Fruchtziehung stattfindet.