Menschen mit behinderten Angehörigen und größeren Vermögen bewegt neben Erwägungen der Absicherung des Behinderten und dem Schutz des Vermögens vor dem Zugriff des Sozialleistungsträgers regelmäßig auch der Gedanke nach einer steueroptimierten Vermögensnachfolgeplanung. Die Schenkungsteuerfreibeträge von Kindern liegen aktuell bei 400.000 EUR pro Kind und Elternteil (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) und werden vom Gesetzgeber alle 10 Jahre neu gewährt, § 14 Abs. 1 ErbStG. Sie können durch lebzeitige Übertragungen angesprochen werden (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), wobei sich der Übergeber klassischerweise Nutzungsrechte (Nießbrauch, Wohnrecht) zur eigenen Absicherung zurückbehält. Während der Vorbehalt von Nutzungsrechten schenkungsteuerrechtlich positiv ist, weil der Wert des vorbehaltenen Rechts vom Wert des Zuwendungsgegenstands steuermindernd abgezogen werden kann, sind die pflichtteilsergänzungsrechtlichen Konsequenzen gem. § 2325 BGB weniger positiv: die pflichtteilsrechtliche 10-Jahresfrist nach § 2325 Abs. 3 BGB läuft regelmäßig nicht an. Werden zum Zwecke der Steueroptimierung also Schenkungen an dritte Personen (z.B. Geschwister des Behinderten) getätigt, können im Erbfall überleitbare Pflichtteilsergänzungsansprüche zugunsten des Behinderten entstehen.
Der Gefahr kann von Todes wegen über die Aufnahme entsprechender Vorvermächtnisse zugunsten des Behinderten in die letztwillige Verfügung begegnet werden. Sinnvoll ist es aber auch, bereits bei der lebzeitigen Vermögensweitergabe Sicherungsmechanismen zu berücksichtigen. Die Übertragung von Immobilienvermögen an dritte Personen kann bspw. anstelle eines schädlichen Totalnießbrauchs oder Wohnrechts unter Gewährung einer lebenslangen Leibrente (§ 759 BGB) zugunsten des Übergebers erfolgen. Dieser Weg kann freilich nur beschritten werden, wenn der Übergeber nicht auf die Selbstnutzung angewiesen ist. Vorteilhaft an einer Übertragung gegen Leibrente ist, dass die 10-Jahresfrist aus § 2325 Abs. 3 BGB anders als bei einem Totalnießbrauch oder Totalwohnrecht in Gang gesetzt wird. Das reduziert die Gefahr der Überleitung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen wertmäßig und pro rata um 10 % ab dem Zeitpunkt der Zuwendung (§ 2325 Abs. 3 S. 1 BGB) und schließlich nach Ablauf von 10 Jahren auf Null.
Problematisch bleiben hingegen unentgeltliche Zuwendungen unter Ehegatten/eingetragenen Lebenspartnern. Für sie läuft unabhängig von jeder Gegenleistung nie eine Frist, § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB. Hier gilt es, nach alternativen Lösungen zu suchen, bspw. im Rahmen von ergänzungsfesten Übertragungen im Rahmen der Erfüllung von Zugewinnausgleichsansprüchen.