II.
Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass nur das Grundstück 1, auf dem sich das Familienheim befindet, nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG steuerbefreit ist.
1. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG ist der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen bebauten Grundstück i.S. des § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des Bewertungsgesetzes (BewG) durch Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 und der Kinder verstorbener Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war, die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim) und soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 Quadratmeter nicht übersteigt, steuerfrei.
2. Durch den Verweis auf § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG werden von der Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungs- und Teileigentum, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke erfasst. Eine nähere Bestimmung, in welchem Umfang der zu der Wohnung gehörende Grund und Boden an der Begünstigung teilhat, enthält die Vorschrift nicht. In Betracht kommt einerseits das Grundstück im zivilrechtlichen Sinne, d.h. ein vermessener, im Liegenschaftskataster bezeichneter Teil der Erdoberfläche (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.1.2005 – V ZR 139/04, Deutsche Notar-Zeitschrift 2005, 670) oder andererseits die wirtschaftliche Einheit i.S. des § 2 Abs. 1 BewG.
3. Für die Bestimmung des Grundstücksbegriffs des § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG nach zivilrechtlichen Grundsätzen spricht die bürgerlich-rechtliche Prägung des Erbschaftsteuerrechts (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26.11.1986 – II R 190/81, BFHE 148, 324, BStBl II 1987, 175). Als (Rechts-) Verkehrsteuer knüpft die Erbschaftsteuer grundsätzlich an bürgerlich-rechtliche Vorgänge an. Andererseits verweist § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG auf bebaute Grundstücke i.S. des § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG und gerade nicht im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
4. Nach § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 157 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 BewG sind für Zwecke der Erbschaftsteuer für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens die Grundbesitzwerte gesondert festzustellen (§ 179 der Abgabenordnung -- AO --). Die Feststellungen treffen die zuständigen Belegenheitsfinanzämter (§ 152 Nr. 1 BewG). Diese sind zwar nicht zur Entscheidung darüber befugt, ob eine Steuerbefreiung, z.B. nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG, zu gewähren ist. Ihnen obliegt neben der Wertfeststellung aber auch die verbindliche Feststellung über die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens (§ 157 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 BewG). Diese Entscheidung kann daher gemäß § 351 Abs. 2 AO, § 42 FGO nur durch Anfechtung des Wertfeststellungsbescheids angegriffen werden.
5. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG im Streitfall nur für das Grundstück 1, auf dem sich das Familienheim befindet, zu gewähren. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Grundstück im Sinne des BGB oder des BewG zu verstehen ist.
a) Ist nach zivilrechtlichen Maßstäben abzugrenzen, folgt dies aus der katastermäßigen Selbstständigkeit des Grundstücks 1. Ist bewertungsrechtlich abzugrenzen, folgt dies aus den beiden getrennten Feststellungsbescheiden des Belegenheitsfinanzamts für die beiden Grundstücke, die im vorliegenden Verfahren auch hinsichtlich der Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit bindend sind.
b) Das FA war befugt, nach Ergehen der Feststellungsbescheide die Erbschaftsteuerfestsetzung vom 20.4.2015 abzuändern. Sollte das Grundstück i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG nach zivilrechtlichen Maßstäben abzugrenzen sein, ergibt sich die Änderungsbefugnis aus § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Auf Grundlage der Erbschaftsteuererklärung konnte das FA davon ausgehen, dass es sich bei den Grundstücken 1 und 2 auch zivilrechtlich um ein Grundstück handelte. Erst durch die in den Feststellungsbescheiden enthaltenen Flurstücksbezeichnungen wurde erkennbar, dass zwei Grundstücke gegeben waren. Sollte das Grundstück i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG bewertungsrechtlich zu verstehen sein, folgt die Änderungsbefugnis aus § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 171 Abs. 10 AO. Die Feststellungsbescheide sind nicht nur hinsichtlich der Werte, sondern auch hinsichtlich des Umfangs der wirtschaftlichen Einheit Grundlagenbescheide für die Erbschaftsteuerbescheide.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
7. Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 i.V.m. § 121 S. 1 FGO mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.
ZErb 12/2021, S. 478 - 479