Ein Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern (v. 27.4.2022 – III K 273/20, juris – Rev. BFH II R 20/22) wirft wieder einige Probleme auf, die in der Praxis oft unterschätzt werden. Nicht selten werden unter Bekannten oder Verwandten zinslose Darlehen für längere Zeit gewährt, auch um jemandem "einmal aus der Patsche zu helfen".
Schnell vergessen wird, dass ein zinsloses Darlehen zu einer Zinsschenkung führt, die jährlich nach § 12 Abs. 3 S. 2 BewG mit 5,5 % des ausgeliehenen Darlehensbetrags anzusetzen ist. Auch in der – zuletzt vielleicht etwas entschärften – Niedrigzinsphase hielten Finanzverwaltung und Rechtsprechung hieran fest. Selbst bei einem vereinbarten niedrigen Zinssatz ist die Differenz, z.B. eines Zinssatzes von 1 % zu 5,5 %, maßgeblich.
In der Vergangenheit hatte der BFH eine "Escape-Klausel" angedeutet: Danach kann man nachweisen, dass der Darlehensnehmer bei einem Kreditinstitut zu marktüblichen Bedingungen einen niedrigeren Kreditzins als 5,5 % im Jahr hätte erreichen können (BFH v. 27.11.2013 – II R 25/12, BFH/NV 2014, 537).
Regelmäßig übersehen wird aber, dass dafür z.B. nicht der Habenzins – wie im Urt. des FG Mecklenburg-Vorpommern von mündelsicheren Geldanlagen – reicht, sondern es sich eben um einen Kreditzins für ein ungesichertes Darlehen, nicht etwa einen zinsgünstigeren, hypothekarisch gesicherten Realkredit handeln muss. Der Nachweis des alternativen Marktzinses scheitert deshalb nicht selten (vgl. z.B. FG München v. 25.2.2016 – 4 K 1984/14, EFG 2016, 728; dazu BayLfSt v. 21.3.2018, DStR 2018, 1127). Vereinbart man aber Zinsen, sind diese beim Darlehensgeber – derzeit unter Abgeltungsbesteuerung – nach § 20 EStG zu erfassen, während umgekehrt der Darlehensnehmer, wegen Veranlassung in seiner Privatsphäre, keinen Werbungskostenabzug hat.
Diese Gestaltungen sind deshalb mit Vorsicht zu betrachten. Eventuell empfehlen sich zur Überbrückung finanzieller Engpässe wirklich kurze Laufzeiten, sodass etwa ein Darlehen nicht länger als ein Jahr läuft, weil dann zumindest die Erfassung des Zinsvorteils bei der Schenkungsteuer ausgeschlossen ist. Denn umgekehrt ist eine Mindestlaufzeit der Un- oder Niedrigverzinslichkeit von mehr als einem Jahr für Folgerungen hier nötig (§ 12 Abs. 3 S. 1 BewG).
Zerberus meint: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Das gilt auch in steuerlicher Hinsicht bei Darlehen im Verwandten- oder Freundeskreis, unabhängig davon, dass man sich ohnehin immer zuvor Gedanken machen muss, ob man im Einzelfall auch sein Geld später wiedersehen möchte und kann. Dies ist aber eine außersteuerliche Frage der persönlichen Bonität des Kreditnehmers.
ZErb 12/2022, S. I