Mit dem zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlass- und Erbschaftsteuern abgeschlossenen und am 28.9.1980 in Kraft getretenen Abkommen wollte Deutschland sein innerstaatliches Besteuerungsrecht möglichst umfassend aufrechterhalten. Entsprechend enthält auch das DBA Schweiz/Deutschland (E) drei überdachende Besteuerungsrechte zugunsten von Deutschland. Eine allfälligerweise durch diese überdachenden Besteuerungsrechte verursachte Doppelbesteuerung wird dadurch eliminiert, dass die schweizerische Erbschaftsteuer in Deutschland angerechnet wird. Da Ehegatten und direkte Nachkommen von der schweizerischen Erbschaftsteuer befreit sind, läuft die deutsche Anrechnung regelmäßig ins Leere, sodass die überdachenden Besteuerungsrechte letztlich zu einer Erhöhung der Erbschaftsteuer auf das deutsche Niveau führen.
Die überdachende Besteuerung bei Doppelwohnsitz verlangt, dass der Erblasser im Todeszeitpunkt (a) seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte und (b) seit mindestens fünf Jahren über eine ständige Wohnstätte in Deutschland verfügte. Anders als die Parallelbestimmung im DBA Schweiz/Deutschland setzt das DBA Schweiz/Deutschland (E) zwingend eine "ständige Wohnstätte" voraus, während das DBA Schweiz/Deutschland alternativ auch an den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland anknüpft. Sofern die genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, kann das gesamte Nachlassvermögen zusätzlich zum bereits bestehenden schweizerischen Besteuerungsrecht nach deutschem Recht besteuert werden.
Die überdachende Besteuerung in Wegzugsfällen gelangt dann zur Anwendung, wenn (a) der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor ihrer Aufgabe über eine ständige Wohnstätte in Deutschland verfügte, welche mindestens fünf Jahre bestand und (b) der Tod entweder in dem Jahr, in welchem der Erblasser zuletzt über die ständige Wohnstätte in Deutschland verfügt hatte, oder innerhalb von fünf Jahren nach dem Wegzug eintrat. Mit anderen Worten ergibt sich daraus eine Übergangsfrist von maximal sechs Jahren. In folgenden Ausnahmefällen kommt die überdachende Besteuerung in Wegzugsfällen allerdings nicht zur Anwendung. Nämlich dann, wenn der Erblasser (i) seinen schweizerischen Wohnsitz zur Aufnahme einer unselbstständigen Tätigkeit in der Schweiz für einen Arbeitgeber, an dem er über das Arbeitsverhältnis hinaus nicht wirtschaftlich interessiert war, begründet hatte; (ii) seinen schweizerischen Wohnsitz wegen Eheschließung mit einem schweizerischen Staatsangehörigen begründet hatte, und (iii) im Zeitpunkt, in dem er zuletzt über eine ständige Wohnstätte in Deutschland verfügt hatte, schweizerischer Staatsangehöriger oder Doppelbürger war. Vor diesem Hintergrund dürfte es regelmäßig vorteilhaft sein, die schweizerische Staatsangehörigkeit nach dem Wegzug in die Schweiz, aber vor Aufgabe der ständigen Wohnstätte in Deutschland, zu erlangen.
Schenkungen sind grundsätzlich nicht vom DBA Schweiz/Deutschland (E) erfasst. Allerdings sieht Art. 12 Abs. 3 S. 3 DBA Schweiz/Deutschland (E) in Bezug auf die Besteuerung von Schenkungen und Zweckzuwendungen unter Lebenden vor, dass die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten "gemeinsam darüber beraten [können], wie eine Doppelbesteuerung in Fällen vermieden werden kann, die im Abkommen nicht behandelt sind". Gestützt auf diese Bestimmung haben Deutschland und die Schweiz 1988 eine Verständigungsvereinbarung für Schenkungen von Betriebsvermögen abgeschlossen, wonach die Bestimmungen des DBA Schweiz/Deutschland (E) bei Schenkung von Geschäftsbetrieben analog anzuwenden sind. Darüber hinaus hat Deutschland mit gewissen Kantonen Gegenrechtserklärungen über die steuerliche Behandlung von Vergabungen für kirchliche, gemeinnützige oder wohltätige Zwecke bei den Erbschaft- und Schenkungssteuern abgeschlossen. Diese Gegenrechtserklärungen sehen vor, dass Vergabungen an steuerbefreite Institutionen der anderen Vertragspartei ebenfalls von allfälligen Schenkungssteuern befreit werden.