Die mit der deutschen Kapitalertragsteuer vergleichbare Verrechnungssteuer wird als Quellensteuer auf den Ertrag des beweglichen Kapitalvermögens, auf Lotteriegewinne sowie auf bestimmten Versicherungsleistungen beim Leistungsschuldner erhoben. Die Verrechnungssteuer auf Kapitalerträge und Lotteriegewinne beträgt 35 %, auf Leibrenten und Pensionen 15 % und auf sonstige Versicherungsleistungen 8 %. Sie fällt insbesondere auf Erträge aus beweglichem Kapitalvermögen an. Die Verrechnungssteuer dient im rein innerschweizerischen Verhältnis primär der Steuersicherung, während ihr im grenzüberschreitenden Verhältnis darüber hinaus auch eine Fiskalfunktion zukommt. Durch das DBA Schweiz/Deutschland wird das Recht der Schweiz zur Vornahme des Verrechnungssteuerabzugs an der Quelle nicht eingeschränkt (Art. 28 Abs. 1 DBA Schweiz/Deutschland).
Bei Abkommensberechtigung nach dem DBA Schweiz/Deutschland aufgrund Wohnsitzes des Anlegers in Deutschland liegt im Hinblick auf Zinserträge nach Art. 11 Abs. 1 DBA Schweiz/Deutschland das Besteuerungsrecht bei Deutschland. Die Verrechnungssteuer wird zwar i.H.v. 35 % vom Schweizer Zinsschuldner erhoben und an die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) abgeliefert. Gestützt auf Art. 28 Abs. 2 DBA Schweiz/Deutschland kann die Verrechnungssteuer aber bei Angabe der Zinserträge in der deutschen Steuererklärung von der EStV, mittels eines von der deutschen Finanzverwaltung entworfenen Antragsformulars, zurückgefordert werden.
Auch im Hinblick auf Dividendenerträge liegt nach Art. 10 Abs. 1 DBA Schweiz/Deutschland das Besteuerungsrecht bei Deutschland, wenn der Anleger weiterhin seinen Wohnsitz in Deutschland hat. Nach Art. 10 Abs. 2, 3 DBA Schweiz/Deutschland kann die Schweiz Quellensteuern hierauf erheben, was sie wiederum mittels eines Abzugs der Verrechnungssteuer i.H.v. 35 % an der Quelle vollzieht. Diese Verrechnungssteuer wird jedoch durch Art. 10 Abs. 2, 3 DBA Schweiz/Deutschland auf 0 %, 5 %, 15 % oder 30 % des Bruttobetrags der Dividenden begrenzt. Die Differenz zwischen den abgezogenen 35 % und den nach DBA Schweiz/Deutschland zulässigen 0 %, 5 %, 15 % oder 30 % kann grundsätzlich von der EStV zurückgefordert werden. Der nicht rückersattungsfähige Teil kann gestützt auf Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA Schweiz/Deutschland nach § 34c EStG auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden.
Ist in internationalen Sachverhalten der Leistungsempfänger mangels DBA nicht abkommensberechtigt und kann daher keine Steuerentlastung beanspruchen, stellt die Verrechnungssteuer eine definitive Steuerbelastung dar.