Leitsatz
Ein wirksames Pfändungspfandrecht am Erbanteil erstreckt sich auf sämtliche mit der Miterbenstellung verbundenen Vermögens- und Verwaltungsrechte und umfasst deshalb auch das Recht, die Erbauseinandersetzung zu betreiben bzw. an ihr beteiligt zu werden. Ein Erbauseinandersetzungsertrag kann daher wirksam nur mit Zustimmung des Pfändungsgläubigers geschlossen werden. Ein ohne diese Zustimmung geschlossener Vertrag ist dem Pfändungsgläubiger gegenüber unwirksam. Mit anderen Worten gilt die Erbengemeinschaft ihm gegenüber nicht als auseinandergesetzt und es besteht sein Pfandrecht insoweit fort.
LG München II, Beschl. v. 23.1.2023 – 6 T 4230/22 BET
1 Gründe
I.
1. Mit Beschl. v. 23.12.2021 ordnete das AG Ebersberg als Betreuungsgericht die vorläufige Betreuung von Frau B2. W. (Betreute) an und bestellte Frau Rechtsanwältin C. G1. zur Betreuerin. Mit Beschl. v. 16.5.2022 (Bl. 315/318 d.A.) ordnete das Betreuungsgericht endgültig eine Betreuung an. Die Überprüfungsfrist wurde auf den 15.5.2024 bestimmt. Zur Betreuerin blieb Frau Rechtsanwältin G1. bestellt. Die Betreuung umfasst u.a. die Aufgabenbereiche Vermögenssorge und außergerichtliche und gerichtliche Vertretung in Rechtsangelegenheiten.
2. Die Betreute hat einen Bruder. Sie und ihr Bruder beerbten ihren gemeinsamen, am … 2005 verstorbenen Vater zu je 1/4. Weitere Miterbin des Vaters zu ½ war die gemeinsame Mutter. Der Nachlass wurde unter den Beteiligten mit Ausnahme eines hälftigen Miteigentumsanteils des Erblassers an dem Grundstück B3.str. 8 in P. auseinandergesetzt.
Die Mutter ist zwischenzeitlich verstorben und wurde von dem Bruder der Betreuten allein beerbt. Die danach zwischen der Betreuten mit einem Anteil von ¼ und ihrem Bruder mit einem Anteil von ¾ bestehende Erbengemeinschaft besteht im Hinblick auf die noch nicht abgeschlossene Auseinandersetzung bezüglich des genannten Immobilieneigentums fort.
Der andere hälftige Miteigentumsanteil am Grundstück B3. straße 8 in P. gehörte der Mutter. Nach deren Tod ging dieser Miteigentumsanteil durch Erbfolge auf den Bruder der Betreuten über. Infolgedessen standen der Betreuten ⅛ Miteigentumsanteil (in ungeteilter Erbengemeinschaft) am genannten Grundstück zu und dem Bruder ⅞ (davon ⅜ in ungeteilter Erbengemeinschaft).
Zum Zwecke der Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft wurde vor dem AG Weilheim ein Teilungsversteigerungsverfahren geführt (Az.: 2 K 49/12). In diesem Teilungsverfahren wurde am 21.11.2018 Zuschlag an die Meistbietenden erteilt. Mit Beschl. v. 30.6.2021 stellte das AG Weilheim den Teilungsplan fest und ordnete an, dass der den bisherigen Miteigentümern zustehende Übererlös i.H.v. 774.829,82 EUR bei der Hinterlegungsstelle des AG Weilheim zu hinterlegen ist. Der Betrag wurde zur Hinterlegung an die Hinterlegungsstelle des AG Weilheim ausgezahlt (Hinterlegungssache Az.: 49 HL 13/19).
Durch die Sparkasse O. wurde vor dem Hintergrund der Ablösung von Hypotheken an dem genannten Grundstück zugunsten der Erbengemeinschaft ein weiterer Betrag von 117.597,14 EUR bei der Hinterlegungsstelle des AG Weilheim hinterlegt (Az.: 49 HL 58/21).
Von der Hinterlegungssumme von insgesamt 892.426,96 EUR gehört die Hälfte zum ungeteilten Nachlass des Vaters. Die andere Hälfte, mithin ein Betrag i.H.v. 446.213,48 EUR, steht dem Bruder der Betreuten zu. Von dem zum Nachlass gehörenden Betrag von 446.213,48 EUR stehen der Betreuten ¼ zu, mithin ein Betrag i.H.v. 111.553,37 EUR, und ihrem Bruder 3/4, mithin ein Betrag von 334.660,11 EUR.
3. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 13.8.2018 pfändete Herr Rechtsanwalt G2. R. aufgrund einer durch Kostenfestsetzungsbeschluss des LG München II vom 18.7.2018 zu seinen Gunsten gegenüber der Betreuten titulierten Forderung i.H.v. 8.485,50 EUR zuzüglich Zinsen den Miterbenanteil der Betreuten an der noch nicht auseinandergesetzten Erbengemeinschaft der Betreuten mit ihrem Bruder (vgl. PfÜB und Zustellungsnachweise in Anlage zu Bl. 426 d.A.). Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde an die Miterben zugestellt.
4. Mit Schreiben vom 16.3.2022 (Bl. 229/230 d.A. nebst Vertragsentwurf in Anlage) beantragte die Betreuerin die Genehmigung eines Erbauseinandersetzungsvertrags zum Zwecke der Auseinandersetzung der zwischen der Betreuten und ihrem Bruder bestehenden Erbengemeinschaft, welcher zuvor mit den anwaltlichen Vertretern des Bruders ausgehandelt worden war. Mit Beschl. v. 29.4.2022 bestellte das Betreuungsgericht Herrn Rechtsanwalt M4. B4. für dieses Genehmigungsverfahren als Verfahrenspfleger. Der Verfahrenspfleger nahm mit Schriftsatz vom 8.6.2022 (Bl. 332/333 d.A.) dahingehend Stellung, dass der vorgelegte Erbauseinandersetzungsvertrag nicht genehmigungsfähig sei.
Der Auseinandersetzungsvertrag wurde daraufhin überarbeitet. Mit Schreiben vom 25.7.2022 (Bl. 358 d.A. nebst Vertragsentwurf in Anlage) legte die Betreuerin den nach Überarbeitung neu gefassten Erbauseinandersetzungsvertrag vor. Der Verfahrenspfleger erklärte mit Schreiben vom 10.8.2022 (Bl. 387 d.A.), dass der n...