Leitsatz
Der in den Übergangsbestimmungen des Art. 12 § 1 Abs. 1, 4 AdoptG bestimmte Erhalt des gesetzlichen Erbrechts des Adoptivkindes gegenüber seinen leiblichen Eltern für Erbfälle nach dem 1. Januar 1977 und zu diesem Zeitpunkt bereits volljährigen Angenommenen begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Art. 3, 6, 14 GG.
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 5. Dezember 2011 – 3 Wx 61/11
Sachverhalt
Die Beteiligten sind Kinder der Erblasserin und in einem gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts Niebüll vom 20. Dezember 2010 als gesetzliche Erben nach der Erblasserin zu jeweils 1/3 Anteil bezeichnet. Der Beteiligte zu 1. begehrt die Einziehung dieses gemeinschaftlichen Erbscheins und beantragt einen Erbschein dahingehend, dass die Erblasserin nur von ihm und dem Beteiligten zu 2. zu jeweils 1/2 Anteil beerbt worden ist.
Die Erblasserin, die verwitwet und ohne Hinterlassung eines Testaments verstorben ist, hatte vier Kinder, nämlich die Beteiligten zu 1. bis 3. und ein weiteres, kinderlos vorverstorbenes Kind.
Der am 9. Juli 1951 geborene Beteiligte zu 3. ist von der Erblasserin zur Adoption freigegeben worden. Gemäß Kindesannahmevertrag vom 20. Oktober 1951 zur UR-Nr. … des Notars D. haben die Eheleute X den Beteiligten zu 3. als gemeinschaftliches Kind an Kindesstatt angenommen. Den nach damaligem Recht (§ 1767 Abs. 1 BGB aF) möglichen Ausschluss des Erbrechts des Kindes nach den Annehmenden enthält dieser Kindesannahmevertrag nicht.
Der Beteiligte zu 2. beantragte am 27. Juli 2010 zu Protokoll der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Niebüll den Erlass eines gemeinschaftlichen Erbscheins, wonach die Erblasserin von den Beteiligten zu 1. und 2. zu je 1/2 Anteil beerbt worden sei. Der Beteiligte zu 1. beantragte gemäß UR-Nr. 112/2010 vom 31. August 2010 der Notarin M. einen entsprechenden Erbschein. Sowohl der Beteiligte zu 1. als auch der Beteiligte zu 2. wiesen in ihrem Erbscheinsantrag daraufhin, dass es eine kinderlos vorverstorbene weitere Tochter der Erblasserin gebe, sowie – der Beteiligte zu 1. mit dem Hinweis "möglicherweise" – ein weiteres Kind, das zur Adoption freigegeben worden sei und dessen Name und Anschrift nicht bekannt seien.
Nach Hinweis des Nachlassgerichtes ermittelte schließlich die tätig gewordene Notarin die Adresse des Beteiligten zu 3. Der Beteiligte zu 1. beantragte sodann zur UR-Nr. … der Notarin M. die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, wonach die Erblasserin von den Beteiligten zu 1. bis 3. zu je 1/3 Anteil beerbt worden sei. Den Wert des nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten verbleibenden reinen Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls gab er mit 150.000,– EUR an.
Mit Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Niebüll vom 9. Dezember 2010 sind die zur Erteilung dieses Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet worden. Unter dem 20. Dezember 2010 hat das Amtsgericht Niebüll einen gemeinschaftlichen Erschein erteilt, wonach die Erblasserin von den Beteiligten zu 1. bis 3. zu je 1/3 Anteil beerbt worden ist.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18. März 2011 hat der Beteiligte zu 1. beantragt, diesen gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts Niebüll vom 20. Dezember 2010 einzuziehen und entsprechend dem Antrag vom 27. Juli 2010 zu verfahren, nämlich dahingehend, dass die Erblasserin beerbt worden sei von den Beteiligten zu 1. und 2. zu je 1/2 Anteil.
Der Beteiligte zu 1. hat darauf hingewiesen, dass in Bezug auf den Beteiligten zu 3. am 20. Oktober 1951 eine Volladoption durchgeführt worden sei. Dadurch habe der Beteiligte zu 3. gemäß § 1754 BGB die rechtliche Stellung eines Kindes der Annehmenden erlangt. Das angenommene Kind besitze auch die erbrechtliche Position eines leiblichen Kindes der Annehmenden. Von der vor der Adoptionsrechtsreform vom 1. Januar 1977 bestehenden Möglichkeit, das gesetzliche Erbrecht nach den Annehmenden auszuschließen, sei kein Gebrauch gemacht worden. Mithin habe der Beteiligte zu 3. kein gesetzliches Erbrecht nach seiner ursprünglichen leiblichen Mutter mehr. Das ergebe sich auch aus Art. 12 Abs. 4 des Adoptionsgesetzes vom 1. Januar 1977, wonach es nämlich nur für die Erbfälle vor dem 1. Januar 1977 bei der bisherigen gesetzlichen Regelung verbleibe.
Diesem Antrag ist der Beteiligte zu 3. entgegengetreten und hat geltend gemacht, er sei am 1. Januar 1977 bereits volljährig gewesen. Gemäß Art. 12 § 1 Abs. 1 des Adoptionsgesetzes seien dann aber die Vorschriften über die Annahme Volljähriger anzuwenden. Insofern seien die erbrechtlichen Bindungen des adoptierten Kindes gegenüber seinen leiblichen Eltern gemäß § 1770 Abs. 2 BGB bestehen geblieben.
Mit Beschluss vom 14. April 2011 hat das Amtsgericht Niebüll den Antrag des Beteiligten zu 1., den gemeinschaftlichen Erbschein einzuziehen sowie einen gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen, der die Beteiligten zu 1. und 2. als Erben ausweist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, für Erbfälle wie den vorliegenden, wo der Angenommen...