Leitsatz
1. Ein Erb-, Pflichtteils- und Zuwendungsverzicht ist keine Verfügung von Todes wegen iSv § 27 BeurkG.
2. Die Beurkundung eines Erb- und Pflichtteilsverzichts ist nicht deshalb unwirksam, weil der Notar oder einer seiner in § 7 Abs. 1 BeurkG genannten Angehörigen zu den möglicherweise Erb- und Pflichtteilsberechtigten gehört.
3. Ein Zuwendungsverzicht ist nur dann iSv § 7 BeurkG auf die Verschaffung eines rechtlichen Vorteils gerichtet, wenn die die Zuwendung enthaltende letztwillige Verfügung wirksam ist.
Oberlandesgericht Düsseldorf,Urteil vom 19. Juli 2013 – I-7 U 170/12
Sachverhalt
Die Klägerin ist die Halbschwester des Beklagten. Am 30.12.1980 errichteten der Erblasser und seine Ehefrau ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich wechselseitig zu alleinigen Erben einsetzten und den Beklagten zum "Nacherben des Längstlebenden". Der Klägerin wurde ein Vermächtnis ausgesetzt. Beurkundet wurde das Testament von dem Notar S 1, dem Schwiegervater des Beklagten. Die Mutter des Beklagten verstarb im Jahr 1984 und wurde von dem Erblasser beerbt. Am 19.12.1988 schlossen der Erblasser und die Klägerin vor dem Notar S 2, dem Schwager des Beklagten, einen Erbverzichtsvertrag, in dem die Klägerin sich gegen Zahlung von 190.000 DM wegen ihrer möglichen künftigen Erbteils- und Pflichtteilsansprüche nach ihrem Vater für abgefunden erklärte und ausdrücklich und unwiderruflich gegenüber dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht und Pflichtteilsrecht und auf jegliche Zuwendungen, die der Erblasser in einer letztwilligen Verfügung zu ihren Gunsten getroffen hat, insbesondere auf das Vermächtnis aus dem gemeinschaftlichen Testament vom 30.12.1980, verzichtete. Die Klägerin hält das Testament vom 30.12.1980 und den Verzichtsvertrag vom 19.12.1988 für unwirksam, begehrt die Feststellung ihrer Miterbenstellung und macht sich aus dieser ergebende Ansprüche geltend. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.
Aus den Gründen
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Sie ist an ihrer Geltendmachung durch den mit notarieller Urkunde vom 19.12.1988 erklärten Erb-, Pflichtteils- und Zuwendungsverzicht gehindert. Die nach den §§ 2348, 2352 BGB notwendige Beurkundung der entsprechenden Erklärungen ist nicht nach den §§ 7, 27 BeurkG unwirksam.
1. Die Beurkundung des Erb-, Pflichtteils- und Zuwendungsverzichts ist nicht nach § 27 BeurkG unwirksam. § 27 BeurkG bezieht sich auf Personen, die "in einer Verfügung von Todes wegen bedacht" sind. Die Vorschrift ist auf die Beurkundung von Erb-, Pflichtteils- und Zuwendungsverzichten nicht anwendbar, weil diese keine Verfügung von Todes wegen darstellen (Staudinger-Schotten, BGB, 2010, § 2348 Rn 11; MüKoBGB-Wegerhoff, 5. Aufl., § 2348 Rn 3).
2. Eine Unwirksamkeit des Erb- und Pflichtteilsverzichts folgt nicht aus § 7 Ziff. 3 BeurkG. Danach ist die Beurkundung von Willenserklärungen insoweit unwirksam, als diese darauf gerichtet sind, einer Person, die mit dem Notar in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war, einen rechtlichen Vorteil zu verschaffen. Der Beklagte ist der Schwager des beurkundenden Notars und gehört damit dem in § 7 Nr. 3 BeurkG genannten Personenkreis an.
Rechtlicher Vorteil iSv § 7 BeurkG ist jede Verbesserung der Rechtsposition durch die Einräumung vorher nicht bestehender Rechte oder die Verminderung bestehender Verpflichtungen. Der rechtliche Vorteil muss sich unmittelbar aus der in der Urkunde niedergelegten Willenserklärung ergeben und nicht erst als deren Folge eintreten oder gar erst eintreten können. Nicht erforderlich ist demgegenüber eine auf Zuwendung des Vorteils gerichtete Absicht der Beteiligten. Vielmehr genügt es, dass nach der objektiven Rechtslage aus dem Rechtsgeschäft unmittelbar ein rechtlicher Vorteil erwächst (BGH NJW 2013, 52 = ZEV 2012, 657 mwN; vgl. auch RGZ 88, 147, 150).
Der beurkundete Erb- und Pflichtteilsverzicht der Klägerin und die Annahme durch den Erblasser waren nicht darauf gerichtet, dem Beklagten einen unmittelbaren rechtlichen Vorteil zu verschaffen. Die Verbesserung der Erb- und Pflichtteilsquote stellt lediglich eine mittelbare, von weiteren Voraussetzungen abhängige Folge des in der notariellen Urkunde erklärten Verzichts dar. Der Ursprung und die rechtliche Qualität des Erb- und Pflichtteilsrechts des Beklagten bleiben durch den Verzicht unverändert. Der Wegfall eines eventuellen Miterben und Pflichtteilsberechtigten bedingt lediglich einen möglichen zukünftigen wirtschaftlichen Vorteil, der zum Zeitpunkt der Urkundenerrichtung zudem ungewiss ist, weil die gesetzliche oder gewillkürte Erbenstellung kein gesichertes Anwartschaftsrecht bedingt. Es liegt kein Verzicht "zugunsten des Beklagten" vor, sondern allenfalls ein Verzicht zugunsten der zukünftigen Erben des Erblassers (vgl. Huhn/von Schuckmann/Armbrüster, BeurkG, 4. Aufl., § 7 Rn 4; Winkler, BeurkG, 16. Aufl., § 7 Rn 7).
3. Auch der von der Klägerin in der notariellen Urkunde vom 19....