Der "Anteilseigner" einer GmbH erzielt nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, Abs. 3 u. 5 EStG Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn sich der Geschäftsanteil nicht in einem Betriebsvermögen befindet. Anteilseigner ist nach § 20 Abs. 5 S. 2 EStG derjenige, dem der Geschäftsanteil nach § 39 AO zum Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses zuzurechnen ist. Sind einem Nießbraucher oder einem Pfandgläubiger die Einnahmen zuzurechnen, so ist er nach § 20 Abs. 5 S. 3 EStG grundsätzlich als Anteilseigner einzustufen. Ertragsteuerrechtlich wirft der Nießbrauch daher die Frage auf, in welchen Fällen die Gewinnanteile dem Nießbraucher und in welchen Fällen sie gleichwohl dem Gesellschafter zuzurechnen sind, weil der an dem Geschäftsanteil bestellte Nießbrauch lediglich als eine steuerrechtlich unbeachtliche Abtretung der künftigen Gewinnansprüche anzusehen ist.
Bei der Beantwortung dieser Fragen differenzieren Rechtsprechung und Finanzverwaltung danach, ob es um einen Anteil an einer Personen- oder einer Kapitalgesellschaft geht. Beim Nießbrauch an einem Personengesellschaftsanteil soll es entscheidend darauf ankommen, ob der Nießbraucher und daneben auch der Besteller Mitunternehmer iSv § 15 EStG sind. Der Nießbraucher wird dann als Mitunternehmer behandelt, wenn er aufgrund der ihm eingeräumten Position Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko hat. Dies ist der Fall, wenn er zuätzlich zu seiner auf Ertrag ausgerichteten Nießbrauchsbestellung die Geschäftsführung beeinflussen kann, insbesondere wenn ihm Kontroll- und Widerspruchsrechte oder Stimmrechte eingeräumt werden. Daneben bleibt im Regelfall auch der Besteller Mitunternehmer.
Bei der Frage, ob die aus einem GmbH-Geschäftsanteil fließenden Einkünfte dem Nießbraucher oder Besteller zuzurechnen sind, differenzieren BFH und Finanzverwaltung zwischen Vorbehalts- und Vermächtnisnießbrauch bzw. dem Zuwendungsnießbrauch. Beim Vorbehalts- oder Vermächtnisnießbrauch sollen die Einkünfte dem Nießbraucher als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 2 Abs. 1 EStG iVm § 20 EStG zuzurechnen sein, beim Zuwendungsnießbrauch dagegen dem Nießbrauchsbesteller. Einkünfte aus Kapitalvermögen erziele nur der, der Kapital im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegen Entgelt zur Nutzung überlasse. Der Nießbraucher ziehe dagegen nur die auf ihn übergegangenen Gewinnansprüche ein. Dies gelte unabhängig davon, ob der Zuwendungsnießbrauch entgeltlich oder unentgeltlich bestellt wurde, da der Nießbrauchsbesteller in diesem Fall nur Erträge weiterleite und wie bisher Kapitalvermögen im eigenen Namen und und zur eigenen Rechnung zur Einkünfteerzielung an Dritte überlasse.
Dagegen ist in der Literatur auf § 20 Abs. 5 S. 3 EStG verwiesen worden, dem zu entnehmen sei, dass auch der Nießbraucher auch dann Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen könne, ohne dass sich diese Möglichkeit beschränken lasse. Die Frage sei vielmehr nach allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. Vieles spricht daher dafür, dass in Übereinstimmung mit der von der hM bei Personengesellschaftsanteilen eingenommenen Position, die Erträge dem Nießbraucher immer dann zuzurechnen sind, wenn dessen Rechtsstellung über das bloße Einziehen der Einkünfte hinausgeht und er in der Lage ist, maßgeblichen Einfluss auf die Verwaltung des Kapitalvermögens zu nehmen. Maßgeblich muß daher sein, ob der Nießbraucher durch die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten oder Einflussnahme auf die Geschäftsführung die Ertragsträchtigkeit der Beteiligung beeinflussen kann.
Etwas anderes könnte sich allerdings daraus ergeben, wenn die Rechtsposition des Nießbrauchers als wirtschaftliches Eigentum iSv § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO eingestuft werden könnte. Dagegen spricht, dass der Wert des Geschäftsanteils durch den Nießbrauch nicht erschöpft wird, und der Nießbraucher auch keinen Anspruch auf die Substanz des Geschäftsanteils hat. Etwas anderes gilt, wenn der Nießbraucher auch Anspruch auf den Veräußerungserlös hat und ihm eine Vollmacht zur Anteilsverwertung auf eigene Rechnung eingeräumt wurde. Der BFH hat allerdings in einem Anfang 2012 ergangenen Urteil festgestellt, dass die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen unter Nießbrauchsvorbehalt keinen unentgeltlichen Erwerb iSv § 17 Abs. 2 S. 5 EStG darstellt, wenn der Nießbrauch sich auf die gesamte Beteiligung erstreckt und dem Nießbraucher die Ausübung aller mit der Beteiligung verbundenen Rechte sowie deren Ausübung im Konfliktfall ermöglicht wird.
Ob aus diesem Urteil allerdings geschlossen werden kann, dass einem Zuwendungsnießbraucher durch die Einräumung einer entsprechend ausgestalteten Stimmrechtsvollmacht bzw. umfassenden Weisungsrechten gegenüber dem Gesellschafter das wirtschaftliche Eigentum an den Geschäftsanteilen mit der Folge einer Zurechnung der entsprechenden Einkünfte eingeräumt werden kann, erscheint fraglich. Tatsächlich stand hier allein die Frage zur Entscheidung, ob durch die erfolgte Anteilsübertragung unter Nießbrauchsvorbehal...