Eine Rechtswahl wäre in diesen Fällen durchaus sinnvoll; dann gäbe es im Falle der güterrechtlichen Fragen um die Erhöhung des gesetzlichen Erbteils um 1/4 (durch pauschalisierte Durchführung des Zugewinnausgleiches im Todesfall) keine Benachteiligung der Witwe, die die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzt. Denn hinsichtlich des beweglichen Nachlasses in Deutschland und des beweglichen und unbeweglichen Nachlasses in der Türkei verweist das türkische IPRG auf das türkische Güterrecht. Im Falle einer Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts würde die Witwe auch hinsichtlich des Nachlasses in der Türkei und des beweglichen Nachlasses in Deutschland zu 1/2 erben. Lediglich hinsichtlich des Immobilienbesitzes in der Türkei liegt keine rechtliche Ungleichbehandlung bei der Ermittlung der Erbquote vor.
Bei Immobilienbesitz in Deutschland beträgt die Erbquote sowohl für die deutsche als auch für die türkische Witwe je 1/2. Für beide Fallkonstellationen wird aufgrund der Belegenheit der Immobilie auf deutsches Güterrecht verwiesen, mit der Folge, dass der pauschale güterrechtliche Ausgleich durch Erhöhung der Erbquote um 1/4 durchzuführen ist. In derselben Fallkonstellation bleibt es im Falle des Immobilienbesitzes in der Türkei bei der gesetzlichen Erbquote von 1/4, da die Verweisung auf das Recht des Belegenheitsortes, und damit der Türkei, zu keiner pauschalen Erhöhung der gesetzlichen Erbquote führt. Eine Ungleichbehandlung liegt indes vor, wenn es um den beweglichen Nachlass geht. Die deutsche Witwe (Anwendung des Rechts des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes zum Zeitpunkt der Eheschließung) kann die Erhöhung der gesetzlichen Erbquote um 1/4 hinsichtlich des gesamten beweglichen Nachlasses für sich beanspruchen, die türkische Witwe (Anwendung des gemeinsamen Heimatrechtes) nicht, da im Übrigen, das heißt auf den gesamten beweglichen Nachlass, türkisches Güterrecht anzuwenden ist. Je nachdem, wie sich das Vermögen im Einzelnen verteilt, kann es mitunter für die türkische Witwe durchaus von Vorteil sein, wenn die Ehegatten eine Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts getroffen hätten. Zwar hätte dies keine Auswirkung auf das anzuwendende Erbrecht, würde jedoch bei der Beurteilung des güterrechtlichen Ausgleiches durchaus eine rechtliche Relevanz haben, vorausgesetzt die Rechtswahl erstreckte sich auch auf die güterrechtliche Vermögensauseinandersetzung. In der Praxis bin ich bislang jedoch keinem Fall begegnet, in dem Ehepartner eine Rechtswahl nach Art. 15 Abs. 2 Ziff. 2 oder 3 getroffen haben.
Auf die möglichen Änderungen durch die zukünftige europäische GüterrechtsVO (Rom V) kann und braucht an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Nur soweit kann bereits festgehalten werden, dass die Verordnung für das deutsche Internationale Güterrecht erhebliche Unterschiede bringen wird. Auch im Rahmen der europäischen GüterrechtsVO findet ein Wechsel vom Staatsangehörigkeits- zum Aufenthaltsprinzip statt.
Anhand des obigen Fallbeispiels, das in der Praxis durchaus recht häufig vorkommt, wird deutlich, dass die Anwendung des deutsch-türkischen Nachlassabkommens bei einem Erbfall mit deutsch-türkischen Berührungspunkten zu einer Nachlassspaltung führt, wobei einschränkend dargelegt werden muss, dass die Benachteiligung nicht nur durch die Anwendung des deutsch-türkischen Nachlassabkommens herrührt. Vielmehr ergeben sich die Nachteile auch durch die güterrechtlichen Aspekte.
In der Fallvariante, dass Immobilienbesitz in Deutschland vorhanden ist, wird gemäß Art. 14 Abs. 2 NA deutsches Erbrecht angewandt. Bei Immobilienbesitz in der Türkei wird türkisches Erbrecht angewandt. Auf die güterrechtlichen Ansprüche wird türkisches Recht angewandt, wenn beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung die türkische Staatsangehörigkeit innehatten und somit Art. 15 Abs. 1 iVm Art. 14 Abs. Ziff. 1 EGBGB zur Anwendung kommt. Dann gilt hinsichtlich des gesamten beweglichen Vermögens und des unbeweglichen Vermögens in der Türkei türkisches Güterrecht; hinsichtlich des in Deutschland belegenen Immobilienvermögens gilt deutsches Güterrecht, vgl. Art. 15 Abs. 2 tIPRG.
Bei fehlender gemeinsamer Staatsangehörigkeit wird im Falle des gewöhnlichen Aufenthaltes in Deutschland zunächst auf das deutsche Güterrecht verwiesen. Mit Ausnahme des unbeweglichen Vermögens in der Türkei, bleibt es aus Sicht der deutschen Witwe auch beim deutschen Güterrecht.
Die Erhöhung des gesetzlichen Erbteils der Witwe um 1/4, die mit dem Erblasser im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat, soll im Falle des Todes des Ehemanns den aufgrund des Todesfalles nicht mehr realisierbaren Zugewinnausgleich pauschal ausgleichen, unabhängig davon, ob die Ehegatten im Einzelfall tatsächlich einen Zugewinn erzielt haben, vgl. § 1371 Abs.1 2. HS BGB.
Dies ist eine Besonderheit des deutschen Erbrechts, die im Falle der Auslandsberührung mit der Türkei eine Einschränkung dahin gehend erfährt, dass aus Sicht der deutschen Witwe die gesetzliche Erbquot...