Leitsatz
Soweit zwischen den Parteien eines Kaufvertrags der Kaufpreis anhand eines zuvor eingeholten Wertgutachtens bestimmt wurde, kann ein auffallendes, grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung allein nicht die Vermutung begründen, die Parteien des Kaufvertrags seien über eine (Teil-)Unentgeltlichkeit des Geschäftes einig gewesen. Derjenige, welcher sich auf die (Teil-)Unentgeltlichkeit des Geschäftes beruft, hat hier den vollen Beweis für den Schenkungswillen der Beteiligten zu erbringen.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 11. Juli 2014 – 7 U 177/11
Sachverhalt
I. Der Kläger geht aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau vor und macht einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen die Beklagte, die die durch das Testament vom 2.5.2000 eingesetzte Erbin des am 29.6.2007 verstorbenen Vaters der Zedentin ist, geltend. Der Kläger sieht in der Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils des Erblassers am Grundstück X in Y auf die Eltern der Beklagten am 2.3.2001 eine gemischte Schenkung, da das anteilige Hausgrundstück erheblich unter dem damaligen Wert veräußert worden sei. Der tatsächliche Wert sei mit 222.500,– EUR zu bemessen. Unter Berücksichtigung des vereinbarten Kaufpreises von 62.500,– EUR und 22.000,– EUR für übernommene Verbindlichkeiten, bliebe ein Schenkungsanteil von 138.000,– EUR, von dem der Kläger die Hälfte verlangen könne, zur Minimierung des Prozessrisikos aber nur 33.500,– EUR geltend macht.
Das Landgericht, auf dessen Urteil auch wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen, da keine Schenkung im Sinne von § 2325 Abs. 1 BGB festgestellt werden könne. Ausweislich des vom Erblasser seinerzeit eingeholten Verkehrswertgutachtens habe die Immobilie einen Wert von 400.000,– DM gehabt, was für den hälftigen Miteigentumsanteil des Erblassers 200.000,– DM ausmache. Zum Kaufpreis von 135.000,– DM sei als weitere Gegenleistung die Belastung mit den im Grundbuch abgesicherten Verbindlichkeiten gegenüber der Stadtsparkasse Y hinzuzurechnen, und zwar in Höhe von 43.696,06 DM. Damit könne von einem offensichtlichen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht ausgegangen werden, zumal die Erwerber sich auch noch verpflichtet hätten, mit dem Erblasser über die von ihm bisher genutzten Räume in dem Objekt X einen Mietvertrag unter Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts zu einem monatlichen Mietpreis von 317, 34 DM abzuschließen.
Es bedürfe keiner Klärung, ob der Wert des hälftigen Miteigentumsanteils tatsächlich, wie der Kläger behauptet, 222.500,– EUR betrage. Selbst wenn man zugunsten des Klägers – auch in subjektiver Hinsicht – eine Vermutung für die Unentgeltlichkeit annehme, sei diese durch die weiteren besonderen Umstände des Falles erschüttert. Wenn derjenige, der sein Grundvermögen veräußern wolle, zuvor das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen einhole und die Immobilie sodann mit geringfügigen Abweichungen zu dem dort ermittelten Verkehrswert veräußere, so werde man schlechterdings nicht von einem Schenkungswillen ausgehen können, auch wenn sich hinterher ein höherer Wert herausstelle. Es gebe keine Hinweise, dass der vom Erblasser beauftragte Sachverständige den Grundstückswert absichtlich gering kalkuliert habe. Auch sei weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die seinerzeitigen Vertragsparteien hätten erkennen müssen, dass der vom Sachverständigen ermittelte Verkehrswert für den hälftigen Miteigentumsanteil des Erblassers zu gering gewesen sei. Eklatante Fehler des Gutachtens ließen sich nicht erkennen. Die maßgebliche Abweichung zu dem vom Kläger vorgelegten Sachverständigengutachten bestehe darin, dass der vom Erblasser beauftragte Sachverständige einen Abzug von 300.000,– DM wegen Mindermieten, die aufgrund der noch bis Ende des Jahres 2004 bestehenden Kostenbindung zu berücksichtigen seien, vorgenommen habe. Insoweit könne den Ausführungen des Klägers, dass eine Mietpreisbindung bei Nutzung als sog. Mehrgenerationenhaus auch einen Vorteil darstellen könne, in wirtschaftlicher Hinsicht nicht gefolgt werden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er den ihm abgetretenen Pflichtteilsergänzungsanspruch weiterverfolgt. Er rügt, dass es einen Widerspruch in der Begründung des landgerichtlichen Urteils darstelle, dass einerseits eine zugunsten des Klägers für die teilweise Unentgeltlichkeit streitende Vermutung angenommen worden sei und andererseits eklatante Mängel des Gutachtens des vom Erblasser beauftragten Sachverständigen verneint worden seien. Aus der Vermutung ergebe sich aber die Unrichtigkeit dieses Gutachtens.
Der Kläger habe bestritten, dass die angeblich mit 88.000,– DM auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten von den Erwerbern übernommen worden sein sollen. Das Landgericht hätte deshalb Beweis erheben müssen. Des Weiteren sei sein Vortrag zu einem Vorfall vom 6.3.1999, bei dem der Erblasser der Zedentin gesagt habe, sie bekomme gar nichts, vom Landgericht übergangen worde...