Leitsatz (amtlich)
Ein auffallendes, grobes Missverhältnis zwischen den wirklichen Werten von Leistung und Gegenleistung begründet nicht die Vermutung, die Vertragspartner seien sich über die (teilweise) Unentgeltlichkeit einig gewesen, wenn sie die Gegenleistung auf der Grundlage eines zuvor eingeholten Wertgutachtens festgesetzt haben. Das Vorliegen eines Schenkungswillens bedarf in diesem Fall des vollen Beweises.
Normenkette
BGB §§ 516, 2325
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 31.10.2011; Aktenzeichen 2b O 221/10) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 2b. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 31.10.2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Kläger auferlegt.
Dieses Urteil ist - wie auch das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung - vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Der Kläger geht aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau vor und macht einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen die Beklagte, die die durch das Testament vom 2.5.2000 eingesetzte Erbin des am 29.6.2007 verstorbenen Vaters der Zedentin ist, geltend. Der Kläger sieht in der Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils des Erblassers am Grundstück X in Y auf die Eltern der Beklagten am 2.3.2001 eine gemischte Schenkung, da das anteilige Hausgrundstück erheblich unter dem damaligen Wert veräußert worden sei. Der tatsächliche Wert sei mit 222.500 EUR zu bemessen. Unter Berücksichtigung des vereinbarten Kaufpreises von 62.500 EUR und 22.000 EUR für übernommene Verbindlichkeiten, bliebe ein Schenkungsanteil von 138.000 EUR, von dem der Kläger die Hälfte verlangen könne, zur Minimierung des Prozessrisikos aber nur 33.500 EUR geltend macht.
Das LG, auf dessen Urteil auch wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge gem. § 540 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen, da keine Schenkung i.S.v. § 2325 Abs. 1 BGB festgestellt werden könne. Ausweislich des vom Erblasser seinerzeit eingeholten Verkehrswertgutachtens habe die Immobilie einen Wert von 400.000 DM gehabt, was für den hälftigen Miteigentumsanteil des Erblassers 200.000 DM ausmache. Zum Kaufpreis von 135.000 DM sei als weitere Gegenleistung die Belastung mit den im Grundbuch abgesicherten Verbindlichkeiten gegenüber der Stadtsparkasse Y hinzuzurechnen, und zwar i.H.v. 43.696,06 DM. Damit könne von einem offensichtlichen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht ausgegangen werden, zumal die Erwerber sich auch noch verpflichtet hätten, mit dem Erblasser über die von ihm bisher genutzten Räume in dem Objekt X einen Mietvertrag unter Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts zu einem monatlichen Mietpreis von 317, 34 DM abzuschließen.
Es bedürfe keiner Klärung, ob der Wert des hälftigen Miteigentumsanteils tatsächlich, wie der Kläger behauptet, 222.500 EUR betrage. Selbst wenn man zugunsten des Klägers -auch in subjektiver Hinsicht - eine Vermutung für die Unentgeltlichkeit annehme, sei diese durch die weiteren besonderen Umstände des Falles erschüttert. Wenn derjenige, der sein Grundvermögen veräußern wolle, zuvor das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen einhole und die Immobilie sodann mit geringfügigen Abweichungen zu dem dort ermittelten Verkehrswert veräußere, so werde man schlechterdings nicht von einem Schenkungswillen ausgehen können, auch wenn sich hinterher ein höherer Wert herausstelle. Es gebe keine Hinweise, dass der vom Erblasser beauftragte Sachverständige den Grundstückswert absichtlich gering kalkuliert habe. Auch sei weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die seinerzeitigen Vertragsparteien hätten erkennen müssen, dass der vom Sachverständigen ermittelte Verkehrswert für den hälftigen Miteigentumsanteil des Erblassers zu gering gewesen sei. Eklatante Fehler des Gutachtens ließen sich nicht erkennen. Die maßgebliche Abweichung zu dem vom Kläger vorgelegten Sachverständigengutachten bestehe darin, dass der vom Erblasser beauftragte Sachverständige einen Abzug von 300.000 DM wegen Mindermieten, die aufgrund der noch bis Ende des Jahres 2004 bestehenden Kostenbindung zu berücksichtigen seien, vorgenommen habe. Insoweit könne den Ausführungen des Klägers, dass eine Mietpreisbindung bei Nutzung als sog. Mehrgenerationenhaus auch einen Vorteil darstellen könne, in wirtschaftlicher Hinsicht nicht gefolgt werden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er den ihm abgetretenen Pflichtteilsergänzungsanspruch weiterverfolgt.
Er rügt, dass es einen Widerspruch in der Begründung des landgerichtlichen Urteils darstelle, dass einerseits eine zugunsten des Klägers für die teilweise Unentgeltlichkeit streitende Vermutung angenommen worden sei und andererseits eklatante Mängel des Gutachtens des vom Erblasser beauftragten Sachverständigen verneint worde...