Leitsatz
Bei einer synallagmatischen Zuwendung der Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung kann es sich um eine Gegenleistung handeln, aufgrund derer eine unentgeltliche Zuwendung ausgeschlossen ist. Dies ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn die Zuwendung eines Bezugsrechts einseitig durch den Erblasser widerrufbar ist.
LG Konstanz, Urteil vom 30. August 2016 – 4 O 453/15
Sachverhalt
Die Klägerin verfolgt gegenüber der Beklagten Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüche. Die Klägerin ist die einzige Tochter des Erblassers Herrn ..., welcher am 11.7.2015 verstarb. Die Beklagte war die Lebensgefährtin des Erblassers, der sie durch handschriftliches Testament vom 27.4.2011 als Alleinerbin einsetzte und die Klägerin enterbte. Die Pflichtteilsquote in Höhe von 1/2 steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
Am 28.9.2015 zahlte die Beklagte an die Klägerin auf den Pflichtteilsanspruch 80.000 EUR.
Zum Todeszeitpunkt besaß der Erblasser eine Lebensversicherung bei der ... mit der Versicherungsschein- Nr. ... bezüglich derer die Beklagte als Bezugsberechtigte angegeben war. Bereits mit Schreiben vom 14.8.2015 forderte der Klägervertreter unter Fristsetzung bis zum 15.09.2015 die Beklagte zur Begleichung des sich aus dem Lebensversicherungsvertrag ergebenden Pflichtteilsergänzungsanspruchs.
Der Aktivnachlass des Erblassers betrug 166.651,11 EUR, die Klägerin akzeptiert Nachlassverbindlichkeiten/Sterbefallkosten in Höhe von 10.194,30 EUR. Der Rückkaufswert der Lebensversicherung betrug zum Todestag 142.306,90 EUR.
Die Klägerin behauptet, vom Aktivnachlass seien lediglich die 10.194,30 EUR in Abzug zu bringen, weitere Zahlungen seien nicht hinreichend belegt.
Des Weiteren ist sie der Ansicht, hinsichtlich der Lebensversicherung stünde ihr ein Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe der Hälfte, mithin 71.153,45 EUR zu, weswegen ihr ein weiterer Zahlungsanspruch in Höhe von 69.381,86 EUR verbleibe. Die Zuwendung der Lebensversicherung durch den Erblasser sei unentgeltlich, weswegen ihr der entsprechende Pflichtteilsergänzungsanspruch zustehe. Die Rechtsprechung des BGH zu unbenannten Zuwendungen im Rahmen der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft bzw. der fehlenden Unentgeltlichkeit wegen der Sicherung von Altersansprüchen sei bereits nicht anwendbar, deren Voraussetzungen lägen im Übrigen nicht vor.
Die Klägerin beantragt zuletzt, (...)
Die Beklagte beantragt Klagabweisung.
Sie behauptet, sowohl dem Verstorbenen als auch der Beklagten sei es darauf angekommen, dass im Fall des Ablebens eines der Partner der Überlebende versorgt sein sollte. Aus diesem Grund habe auch die Beklagte in dem von ihr abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag ihren Lebensgefährten, den Verstorbenen, als Bezugsberechtigten angegeben. Die Leistung eines der Partner sei synallagmatisch verbunden gewesen mit der Leistung des anderen. Zwar seien die wechselseitigen Bezugsberechtigungen widerruflich gewesen, es sei aber mit dem Zeugen ... besprochen worden, dass im Fall der Trennung die jeweiligen Bezugsberechtigungen geändert werden sollten. Wäre die Bezugsberechtigung einseitig geändert worden, sei mit dem Zeugen ... besprochen gewesen, dass die andere Seite jeweils hätte benachrichtigt werden sollen.
In der ersten mündlichen Verhandlung vom 3.5.2016 hat das Gericht die Beklagte persönlich angehört. Wegen deren Angaben wird auf das Protokoll As. 55 – 61 Bezug genommen. In der zweiten mündlichen Verhandlung vom 28.6.2016 hat das Gericht den Zeugen ... vernommen.
Wegen der Angaben des Zeugen wird auf das Protokoll As. 108 – 113 Bezug genommen.
Aus den Gründen
Die Klage ist zulässig und weit überwiegend begründet.
Die Klägerin hat aus den §§ 2303, 2325 BGB einen weiten Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten in Höhe von 68.508,89 EUR.
Bei der Ermittlung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs ist zunächst vom Aktivnachlass in Höhe von unstreitig 166.651,11 EUR auszugehen.
Hiervon sind die Passiva in Abzug zu bringen, wobei insoweit von 11.940,24 EUR auszugehen ist, wie von der Beklagten behauptet. Sie vermochte mittels Vorlage der weiteren Belege im nachgelassenen Schriftsatz vom 18.7.2016 die noch streitigen Zahlungen zur Überzeugung des Gerichts nachzuweisen. Die Zahlung der 84,05 EUR wegen der Leichenschau ergibt sich aus der vorgelegten Rechnung nebst Eingangsstempel der ... bank eG, die Darlehensforderung und deren Bezahlung in Höhe von 883,19 EUR aus den Mitteilungen der ... vom 6.8.2015 bzw. 31.8.2015, die Zahlung der 522,85 EUR an Herrn Rechtsanwalt ... aus dem Verfahren vor dem Amtsgericht Überlingen wegen Auskunftserteilung Volljährigenunterhalt in der Familiensache ... gegen ... bzw. ursprünglich ... aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss in Zusammenschau mit dem Überweisungsträger der ... kasse ... und die Zahlung von 255,85 EUR an Herrn Rechtsanwalt ... aus dem selben Verfahren ebenfalls aus dem vorgelegten Überweisungsträger der ... kasse ... in Zusammenschau mit der Rechnung des Herrn Rechtsanwalt ... vom 23.2.2016.
Der bereinigte Nachlass betrug demgemäß 154.710,87 EUR, die Hälfte h...