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Das gemeinschaftliche Testament nach § 2265 BGB erfreut sich in der Praxis nach wie vor einer großen Beliebtheit. Es verdankt seine Entstehung einem im Mittelalter herausgebildeten Gewohnheitsrecht, stieß aber bei den Vätern des BGB zunächst auf Skepsis, weil seine Einordnung zwischen Erbvertrag und Testament nicht eindeutig schien. Nur angesichts seiner weiten Verbreitung wurde es letztlich doch in das BGB aufgenommen, jedoch mit dem Vorbehalt, dass diese Form der letztwilligen Verfügung lediglich den Ehegatten eröffnet wurde. Von Anfang an stellte es jedoch ein Problem dar, den wirklichen Willen der Verfügenden festzustellen. Insbesondere die Frage der Wechselbezüglichkeit ist bis heute Gegenstand zahlreicher Gerichtsurteile. Das gibt Veranlassung, die damit verbundenen Fragen näher zu beleuchten.
I. Die gesetzlichen Regelungen
In der Praxis ist sehr häufig zu prüfen, ob die in gemeinschaftlichen Testamenten enthaltenen Verfügungen wechselbezüglich im Sinne des § 2270 Abs. 1 BGB sind. Die Folge der Annahme einer derartigen Wechselbezüglichkeit ist vor allem die so genannte Bindungswirkung. Eine von dieser Bindungswirkung abweichende letztwillige Verfügung ist in aller Regel nur möglich, wenn zunächst dem Ehepartner gemäß den §§ 2271 Abs. 1, 2296 Abs. 2 BGB der Widerruf der ursprünglichen Erklärung zugeht und dies lebzeitig erfolgt. Nach dem Tode des Ehepartners ist die Beseitigung der Bindungswirkung nur ganz ausnahmsweise möglich (§ 2271 Abs. 2 BGB). Es kommt daher darauf an, ob eine Verfügung tatsächlich als wechselbezüglich einzustufen ist oder nicht.
1. Allgemeines
Erste zu prüfende Voraussetzung ist allerdings, ob überhaupt ein gemeinschaftliches Testament im Sinne des § 2265 BGB vorliegt, das Bindungswirkungen zur Folge haben könnte. Eine gesetzliche Definition des gemeinschaftlichen Testaments sucht man vergeblich. Unter Berücksichtigung des § 2265 BGB steht lediglich fest, dass diese Testamentsform den Ehegatten (§ 2265 BGB) und eingetragenen Lebenspartnern (§ 10 Abs. 4 LPartG) vorbehalten ist. Der in der Praxis immer weiter verbreiteten nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist also eine Testierung in der Form eines gemeinschaftlichen Testaments versagt.
2. Gemeinschaftlichkeit
Das Wesen des gemeinschaftlichen Testaments besteht in der Gemeinschaftlichkeit seiner Errichtung aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses beider Ehegatten. (Die ebenso betroffenen Lebenspartner werden künftig nicht immer gesondert erwähnt.)
Die Antwort auf die Frage, ob eine derartige Gemeinschaftlichkeit vorliegt, hängt nach heute vorherrschender Auffassung nicht von der äußeren Form, also etwa einer einheitlichen Urkunde, ab, wie es früher die sogenannte objektive Theorie vertrat, sondern ist abhängig von der Frage, ob der Wille zu einer gemeinschaftlichen Testierung gegeben war (sogenannte subjektive Theorie). Es besteht nach wie vor Streit darüber, wie dieser Wille zum Ausdruck gebracht und nachgewiesen werden muss.
Nach heute wohl überwiegender Auffassung muss sich aus der Testamentsurkunde selbst ergeben (Andeutungstheorie), dass es sich um eine gemeinschaftliche Erklärung handelt, wenn auch der volle Beweis für eine derartige Gemeinschaftlichkeit erst durch außerhalb der Urkunde liegende Umstände nachgewiesen werden kann.
Bei der Errichtung eines eigenhändigen Testaments reicht es bekanntlich aus, wenn einer der Ehegatten das Testament handschriftlich fertigt und der andere mitunterschreibt. Allerdings ist denkbar, ein gemeinschaftliches Testament im Sinne des § 2265 BGB auch bei letztwilligen Verfügungen anzunehmen, die nicht in einem einzigen gemeinschaftlichen Testament, sondern in getrennten Urkunden errichtet worden sind, ja sogar in zeitlichem Abstand voneinander und ohne ausdrückliche Bezugnahme. Hier wird allerdings kritisch zu prüfen sein, ob tatsächlich der Wille zu einer gemeinschaftlichen Errichtung des Testaments gegeben war. Die soeben erwähnte Formerleichterung gilt natürlich nicht, wenn es sich um zwei getrennt errichtete letztwillige Verfügungen handelt.
Eine ausreichende Andeutung für eine gemeinschaftliche Erklärung liegt nach der Rechtsprechung beispielsweise dann vor, wenn die Ehegatten in ihren Verfügungen – jeweils – das Wort "wir" oder "gemeinsam" verwenden oder jeweils die Verfügung des anderen mitunterzeichnen oder beide Einzeltestamente auf demselben Bogen Papier geschrieben wurden, inhaltlich aufeinander abgestimmt sind oder übereinstimmen und sich aus der Urkunde die Gleichzeitigkeit der Errichtung ergibt. Nicht ausreichend dafür ist das Vorliegen zweier sich inhaltlich im Wesentlichen entsprechender Testamente am gleichen Ort und zur gleichen Zeit.
3. Mängel
Wie aber ist der Fall zu beurteilen, dass ein gemeinschaftliches Testament zwar formell einwandfrei errichtet worden ist, einer der Beteiligten jedoch im Zeitpunkt der Errichtung bereits testierunfähi...