Doppelbesteuerung bei zinsloser Stundung der Zugewinnausgleichsforderung: Schenkungsteuer und/oder Ertragsteuer?
(In Anlehnung an BFH-Beschluss vom 12.9.2011 aaO): Mit notariellem Vertrag vom 4.11.2006 beenden die Eheleute EM (65) und EF ihren bisherigen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und vereinbaren Gütertrennung. Der bis zu diesem Vertrag entstandene Zugewinn wurde auf 300.000,– EUR festgelegt. Die Ehefrau verpflichtete sich, dem Ehemann diesen Betrag zinslos bis zu seinem Tod zu stunden, und verpflichtete sich diesem gegenüber, die Ausgleichsforderung nur an die ehegemeinschaftliche Tochter abzutreten.
1. Schenkungsteuerliche Auswirkungen
1.1 Sowohl nach der Rechtsprechung des BFH als auch nach Auffassung der Verwaltung unterliegt die Begründung der Ausgleichsforderung nicht der Schenkungsteuer. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft kann auch bei Fortbestand der Ehe beendet und ggfs. rückwirkend vereinbart werden. Bürgerlich rechtlich zulässig sind auch die Beendigung des gesetzlichen Güterstandes und die anschließende Neubegründung (Güterstandsschaukel). Dies erkennt auch das Schenkungsteuerrecht an, sofern es tatsächlich zu einer güterrechtlichen Abwicklung, d. h. Ermittlung der Ausgleichsforderung kommt. Dies ist auch bei einer Stundung der Fall.
1.2 Nach Auffassung des BFH handelt es sich bei der Kapitalüberlassung an den EM um die Zuwendung einer Nutzungsmöglichkeit, wie es der Wortlaut des § 15 Abs. 1 BewG (Nutzung einer Geldsumme) und des § 13 Abs. 2 BewG (Bewertung von Nutzungen) zeigt.
Im vorliegenden Fall hat die Ehefrau dem Ehemann eine Kapitalforderung objektiv unentgeltlich auf eine bestimmte Zeit überlassen. Sie hat sich damit der Nutzungsmöglichkeit dieses Kapitals für die Zeit der Stundung begeben. Wird ein Geldbetrag auf bestimmte Zeit zinslos überlassen, ist als schenkungsteuerliche Bereicherung der nach § 13 Abs. 1 BewG zu ermittelnde Kapitalwert anzusetzen. Hierzu ist der einjährige Betrag der Geldsumme (§ 15 Abs. 1 BewG, Zinssatz 5,5 %) entsprechend der vereinbarten Zeitdauer nach § 13 Abs. 1 BewG zu kapitalisieren. Bei einer Stundung bis zum Tod einer Person ist auf deren statistische Lebenserwartung abzustellen (gleichlautende Erlasse vom 10.10.2010, BStBl 2010 I, 810, II Tz1.2.1).
Diese beträgt im Beispielsfall für den EM rund 17 Jahre. Dies hat beim EM eine Schenkungsteuerliche Bereicherung in Höhe von 5,5% von 300.000,– EUR = 16.500,– EUR x Vv 11,251 = 185.641,– EUR zur Folge.
Die Steuerbarkeit der freigebigen Zuwendung der EF an den EM ist auch nicht gem. § 5 Abs. 2 ErbStG ausgeschlossen. Diese Norm betrifft nur den Zugewinnausgleichsanspruch selbst, nicht aber eine zinslose Stundung desselben.
2. Ertragsteuerliche Auswirkungen
Bei grundsätzlicher Betrachtung erzielt die EF bei späterer Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung auch Einnahmen aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Einkünfte aus Kapitalvermögen bezieht, wer Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überlässt. Dabei ist unerheblich, ob die zugrunde liegende Kapitalforderung selbst steuerbar ist. Nach der Rechtsprechung des BFH fließen mit der Rückzahlung einer länger als 1 Jahr gestundeten Forderung auch dann (einkommen-)steuerbare Zinsen zu, wenn die Unverzinslichkeit der Forderung ausdrücklich vereinbart ist. In diesem Fall ist der Rückzahlungsbetrag grundsätzlich in einen nicht steuerbaren Tilgungs- und in einen steuerbaren Zinsanteil gem. § 12 Abs. 3 BewG aufzuteilen. Nach dem jetzt vorliegenden Beschluss des BFH im AdV-Verfahren tritt die ertragsteuerliche Erfassung von Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) hinter die Schenkungsteuer zurück. Grundsätzlich ist es tatbestandsmäßig ausgeschlossen, mit derselben Handlung sowohl eine freigebige Zuwendung zu verwirklichen (§ 7 ErbStG), als auch wirtschaftlich am Markt teilzunehmen (§ 2 EStG). Im Beispielsfall unterfällt ein und derselbe Sachverhalt tatbestandlich sowohl der Einkommen- als auch der Schenkungsteuer. In diesem Fall, so der BF, hat bei summarischer Prüfung die Ertragsbesteuerung zurückzutreten. Es fehlt bei der EF an einer Handlung, die auf das Erzielen von Einnahmen am Markt gerichtet ist. Wenn jemand einer anderen Person etwas schenken möchte, ist seine Handlung gerade keine Erwerbshandlung, denn sie ist nicht auf Einkünfte-Erzielung am Markt, also auf einen Hinzuerwerb von Einkommen angelegt. Eine Erfassung von Erträgen als Einkünfte im Sinne des EStG kommt in diesem Fall grundsätzlich nicht in Betracht.
Mit dieser Entscheidung weicht der Senat von seiner eigenen Rechtsprechung ab. In seinem Urteil vom 14.3.2006 VIII R 60/03 (ZEV 2006, 419) hatte er noch die Einkommensteuerpflicht einer einem Altenheim von einer verstorbenen Bewohnerin zugewandten Erbschaft, also einen gleic...