Rechtsanwälte und Steuerberater werden zukünftig häufiger mit der Frage konfrontiert werden, welche Folgen die Entscheidung auf schon erfolgte oder geplante Übertragungen hat.
Einerseits hat das BVerfG den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 30.6.2016 eine Neuregelung zu treffen. Bereits nach der Vorlage des BFH hatten andererseits die obersten Finanzbehörden mit gleichlautenden Erlassen vom 14.11.2012 vorgesehen, dass sämtliche Erbschaftsteuerfestsetzungen mit einem Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO versehen werden.
Als Folge der bloßen Unvereinbarkeitserklärung des BVerfG ist das (noch) geltende Erbschaftsteuerrecht weiterhin auf bereits festgesetzte Steuern anzuwenden. Entsprechende Vorläufigkeitsvermerke laufen daher leer; verfahrensrechtlich sind die betroffenen Bescheide für endgültig zu erklären. Eine Änderung bereits erfolgter Steuerfestsetzungen zuungunsten des Steuerpflichtigen wegen der Verfassungswidrigkeit der geltenden Verschonungsvorschriften ist nicht möglich. Für bereits bei den Finanzbehörden oder Finanzgerichten anhängige Verfahren für Erwerbe, die schon stattgefunden haben, verbleibt es ebenfalls bei den geltenden Verschonungsregelungen. Erwerber müssen sich insofern vorerst keine Sorgen machen.
Nach der Entscheidung des BVerfG vom 7. November 2006 zur Verfassungsmäßigkeit des damals geltenden Bewertungsverfahrens hat der Gesetzgeber die ihm damals gesetzte Frist zur Neuregelung mit dem zum 1.1.2009 in Kraft getretenen Erbschaftsteuerreformgesetz vollumfänglich ausgeschöpft. Da es erklärtes Ziel der Regierungsparteien ist, Unternehmensnachfolge durch die Erbschaftsbesteuerung nicht zu gefährden, und die Bundesregierung nach der Entscheidung des BVerfG mitgeteilt hat, dass sie an den beiden Maximen, keine Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Belastung und verfassungskonforme Begünstigung übertragenen betrieblichen Vermögens, festhalten wird, ist eine kurzfristige Neuregelung des ErbStG wohl nicht zu erwarten.
Für künftige Gestaltungen ist allerdings zu beachten, dass die Anordnung der Fortgeltung der verfassungswidrigen Normen – dies hat das BVerfG ausdrücklich ausgeführt – keinen Vertrauensschutz gegen eine auf den Zeitpunkt der Verkündung dieses Urteils bezogene rückwirkende Neuregelung begründet (Tz 292). Zudem hat das Bundesministerium der Finanzen bekanntgegeben, dass die Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auch zukünftig vorläufig ergehen werden. Dementsprechend könnten die zu erwartenden Neuregelungen auf Erwerbe mit einer Steuerentstehung nach Verkündung dieses Urteils Anwendung finden. Künftige Gestaltungen sollten dieses Risiko im Auge behalten.